Zuerst die gute oder die schlechte Nachricht?

Angenommen, es gibt gute und schlechte Nachrichten. Welche wollen Sie zuerst hören? Das hängt davon ab, ob Sie die Botschaft übermitteln oder empfangen – und was der Überbringer damit erreichen will.

Der Chef, der das Projekt ablehnt. Der Partner, der die Scheidung will. Der Arzt, der Diagnosen übermittelt. Manchmal lässt es sich nicht vermeiden, anderen schlechte Nachrichten mitzuteilen.

Um die Situation angenehmer zu gestalten, hat sich ein kleines Spiel durchgesetzt: Der Absender fragt den Empfänger, ob er zuerst die gute oder die schlechte Information hören will. Ihm bleibt zumindest die Wahl. Ein schwacher Trost, aber immerhin.

Aber was empfiehlt sich tatsächlich? Mit welcher Reihenfolge fühlen sich Sender und Empfänger besser? Diesen Fragen widmeten sich nun die Psychologinnen Angela Legg und Kate Sweeny von der Universität von Kalifornien in Riverside.

Im ersten Teil ihrer Studie absolvierten 121 Freiwillige zunächst einen Test. Dann sollte sich die eine Hälfte der Teilnehmer vorstellen, einer anderen Person das Testergebnis mitzuteilen. Wobei: Es gab sowohl gute als auch schlechte Nachrichten. Die andere Hälfte sollte sich vorstellen, dieses Ergebnis zu erfahren.

Welche Reihenfolge wäre den Probanden lieber – zuerst die gute oder die schlechte Nachricht? Es kam auf die Rolle an.

78 Prozent der Empfänger wollten lieber zuerst die schlechte Nachricht hören und dann die gute. Anders war es bei den Überbringern: Hier wollten 54 Prozent zuerst die gute Nachricht mitteilen.

Im zweiten Experiment mit 190 Freiwilligen zeigte sich zunächst das gleiche Bild: Die Empfänger wollten zuerst die schlechte Nachricht hören, die Überbringer zuerst die gute mitteilen. Doch nun sollten sie sich in die Gefühle einer Person hineinversetzen, die eine Hiobsbotschaft erfahre. Und siehe da: Das änderte die Einstellung. Nun wollten die meisten zuerst die schlechte Nachricht übermitteln.

Offenbar gibt es also eine emotionale Kluft: Hier der Sender, der den Empfänger nicht verletzen will und deshalb mit der guten Nachricht einsteigt. Dort der Empfänger, der lieber zuerst die schlechte Botschaft bekommt, um sich im Anschluss mit der guten aufzuheitern.

Doch das ist noch nicht alles. Denn in einem dritten Experiment bemerkten Legg und Sweeny: Die Reihenfolge kann das Verhalten des Empfängers beeinflussen.

Wieder sollten die Probanden einen Test absolvieren. Hinterher wurden alle explizit darauf hingewiesen, wo sie im Test besonders gut abgeschnitten hatten und in welchen Bereichen es noch Nachholbedarf gab. Doch die eine Hälfte erhielt zuerst gutes Feedback, die anderen zuerst das schlechte.

Dann bekamen alle die Möglichkeit, an ihren Schwächen zu arbeiten – indem sie ein Lernvideo anschauten. Ob sie die Chance wahrnahmen? Wieder kam es drauf an.

Jene Freiwilligen, die zuerst die gute Nachricht bekommen hatten, entschieden sich zu 67 Prozent für das freiwillige Nachsitzen. Offenbar war ihnen die schlechte Botschaft noch präsent. Die Probanden, die zuerst die schlechte und dann die gute Information erfahren hatten, wählten diese Option nur zu 43 Prozent.

Dieses Ergebnis legt nahe: Wenn man den Empfänger dazu bringen will, sein Verhalten zu ändern, sollte man zuerst die gute und dann die schlechte Nachricht übermitteln. Will man den Empfänger nicht allzu sehr zu verärgern oder schonen, dann sollte man mit den schlechten Nachrichten einsteigen – um ihn im Anschluss mit guten Nachrichten zu besänftigen.

Quelle:
Angela Legg und Kate Sweeny. Do You Want the Good News or the Bad News First? The Nature and Consequences of News Order Preferences. Personality and Social Psychology Bulletin

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