Verkehrte Richtung – Falsche Ziele zerstören die Motivation

Wer sich etwas fest vornimmt, kommt längst nicht automatisch ins Ziel. Mehr noch: Laut einer neuen Studie können Ziele sogar der Motivation schaden – wenn sie falsch formuliert sind.

Wer Yoga macht, will entspannter werden oder gelenkiger. Regelmäßig Zahnseide zu benutzen hilft der Hygiene der Beißerchen, Joggen am Wochenende soll die Pfunde purzeln lassen. Solche Ziele, egal ob sie Körper oder Geist betreffen, sollen unsere Disziplin stärken und Motivation steigern – doch manchmal erreichen sie das Gegenteil. So lautet zumindest das Fazit einer neuen Studie von Ayelet Fishbach (Universität Chicago) und Jinhee Choi (Universität Seoul). Aber der Reihe nach.

Die beiden US-Psychologen Edward Deci und Richard Ryan postulierten bereits im Jahr 1985 die Selbstbestimmungstheorie der Motivation. Demnach motiviert uns eine Tätigkeit dann, wenn wir damit bestimmte Ziele erreichen, und zwar Autonomie, Kompetenz oder Zugehörigkeit. Doch diese Kriterien reichen noch lange nicht aus, behaupten nun Fischbach und Koo – weil gewisse Ziele unsere Motivation sogar ruinieren können.

Ab aufs Laufband

Zu diesem Ergebnis kamen die beiden Wissenschaftlerinnen in vier verschiedenen Experimenten. Im ersten passten sie im Fitnessstudio einer Hochschule 103 Studenten ab, die gerade aufs Laufband steigen wollten, und teilten sie in zwei Gruppen. Die einen sollten nun die Ziele beschreiben, die sie durch den Sport erreichen wollten – und beim Trainieren permanent an diese denken. Etwa: „Ich möchte abnehmen“ oder „Ich will Muskeln aufbauen“. Will sagen: Jene Probanden sollten sich vor allem auf den Sinn und Zweck des Fitnessstudios konzentrieren.

Die andere Gruppe hingegen sollte sich gewissermaßen auf das Erlebnis Fitnessstudio fokussieren, indem sie vorher den Ablauf des Trainings genau beschrieben. Etwa: „Erst dehne ich mich, danach steige ich auf das Laufband.“ Auf dieses Erlebnis sollten sie sich auch während des Trainings konzentrieren.

Bevor nun alle Probanden an die Geräte gingen, fragten Fischbach und Koo sie noch, wie lange sie zu trainieren gedachten. Und siehe da: Jene Freiwilligen, die sich auf die Ziele des Trainings konzentriert hatten, wollten im Schnitt 47 Minuten trainieren – und jene, die sich auf das Erlebnis fokussiert hatten, nur 38 Minuten.

Doch in der Realität war es genau umgekehrt: Die Ziel-Gruppe trainierte kürzer als geplant, etwa 40 Minuten. Die anderen jedoch trainierten mit 42 Minuten sogar länger als gedacht! Offenbar bewirkte der Fokus auf ein externes Ziel zweierlei: Die Probanden wollten zwar zunächst länger trainieren, sie waren also stärker motiviert. Doch ebenso stark ließ ihre Motivation auch nach.

Basteln und Dehnen

In den folgenden drei Experimenten sollten weitere Testpersonen unterschiedliche Aktivitäten ausüben. Mal sollten sie sich im Origami versuchen, mal regelmäßig Zahnseide benutzen, mal Yoga üben. Das Ergebnis war stets gleich: Wer sich auf externe Ziele konzentrierte, wollte sich der Aufgabe zunächst mit größerer Hingabe widmen – doch der Ziel-Effekt verpuffte alsbald: In der Realität ließ die Motivation umso schneller nach. Ganz im Gegenteil zu jenen, die sich auf die Aufgabe an sich konzentrierten. Sie zeigten nicht nur größere Ausdauer und Geduld, sondern hatten auch mehr Spaß daran.

Schon lange wissen Motivationspsychologen, dass äußere Anreize, etwa finanzielle Belohnungen, die innere Motivation zerstören. Denn sie legen den Fokus auf die Belohnung. Das Prinzip dahinter: Wenn wir etwas gerne tun, etwa, weil wir es genießen oder daraus lernen, sind wir von alleine motiviert. Kommt die Belohnung ins Spiel, fokussieren wir uns unmittelbar auf sie – und gehen der Tätigkeit nicht mehr aus purem Vergnügen, sondern reinem Profitstreben nach. Vereinfacht gesagt: Wir verlieren die Lust.

Fischbach und Koo zeigen nun: Es bedarf noch nicht mal monetärer Anreize, um die Motivation zu zerstören. Dafür reichen schon die falschen Ziele. Ein simples Beispiel: Wer mehr Sport treiben will, sollte sich demnach lieber nicht auf den Gewichtsverlust konzentrieren oder das lang ersehnte Sixpack – denn das erreicht man erst weit nach der Aktivität (wenn überhaupt). Wichtiger sei der unmittelbare Nutzen, der sich bereits beim Sport zeige, Entspannung etwa. „Weil diese inneren Anreize schon während der Aktivität auftreten, bleiben wir länger interessiert“, sagt Fischbach – und länger motiviert.

Quelle:
Ayelet Fishbach und Jinhee Choi (2012). When Thinking about Goals Undermines Goal Pursuit. Organizational Behavior and Human Decision Processes, Band 118, Ausgabe 2, Seite 99 – 107.

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