Glauben Sie, dass Intelligenz erblich bedingt ist? Laut einer neuen Studie beeinflusst die Antwort darauf nicht nur Ihre eigene Leistung, sondern auch, ob Sie andere motivieren können – oder eben nicht.
Bereits seit Jahrzehnten untersucht die US-Psychologin Carol Dweck von der Stanford-Universität, wie sich Lob auf Schüler auswirkt. In verschiedenen Langzeitstudien teilte sie Hunderte von Kindern in zwei Gruppen: Die einen lobte sie dafür, wie schlau sie doch seien. Die anderen lobte sie dafür, wie sehr sie sich angestrengt hatten. Während Dweck den einen also hohe Intelligenz unterstellte, rühmte sie die anderen für Willensstärke und Leistungsfähigkeit.
Ein kleiner, aber feiner Unterschied. Denn im Laufe der Versuche zeigte sich: Wer Lob für seine Mühen bekam, strengte sich umso mehr an und testete verschiedene Lösungswege – und selbst wenn sie scheiterten, hatten die Kinder Spaß an den Denksportaufgaben. Ganz im Gegenteil zu jenen Schülern, deren vermeintlich gottgebene Intelligenz gepriesen wurde. Sie neigten dazu, schon bei der kleinsten Schwierigkeit die sprichwörtliche Flinte ins Korn zu werfen.
Carol Dweck nannte dieses Phänomen den Effort-Effekt: Nur wer seinen Kindern die Bedeutung von Anstrengung und Fleiß (englisch: Effort) vermittle, gebe ihnen „Kontrolle über ihr eigenes Handeln“. Wer hingegen nur die Intelligenz lobpreist, nimmt den Kindern diese Kontrolle. Beim ersten Misserfolg stürzt das Selbstbild dann wie ein Kartenhaus in sich zusammen.
Die Wissenschaftlerin ist seitdem davon überzeugt, dass es zwei Arten von Menschen gibt: Jene mit einem statischen Selbstbild (fixed mindset) gehen davon aus, dass Intelligenz und Talent angeboren sind. Wer hingegen über ein dynamisches Selbstbild (growth mindset) verfügt, lebt nach dem Motto „Übung macht den Meister“.
Dahinter steckt mehr als nur eine unterschiedliche Denkweise, sondern gleichzeitig auch eine Art Erfolgsindikator. Menschen mit statischem Selbstbild geben bei Hindernissen schnell auf, jene mit dynamischem Selbstbild wollen kämpfen. Menschen mit statischem Selbstbild lassen sich von Fehlern entmutigen, jene mit dynamischem Selbstbild lernen daraus.
Laut einer neuen Studie beeinflusst diese Einstellung nicht nur unser eigenes Verhalten, sondern auch, ob wir andere ermutigen – oder sie durch falsches Feedback demotivieren. Zu diesem Ergebnis kam die Psychologin Aneeta Rattan, die derzeit ihre Doktorarbeit bei Carol Dweck schreibt, in vier verschiedenen Experimenten.
Bei einem davon sollten sich 41 Studenten in die Lage eines Mathematiklehrers hineinversetzen, der mit einer Schülerin ihre schlechte Klausurnote diskutieren muss. Zuvor testete Rattan, ob die Probanden glaubten, dass mathematische Fähigkeiten eher angeboren seien oder erarbeitet werden müssten. Mit anderen Worten: ob sie eher Verfechter des statischen oder des dynamischen Selbstbilds waren.
Dann sollten die Teilnehmer angeben, ob sie das schlechte Abschneiden der Schülerin auf mangelnde Intelligenz oder fehlenden Fleiß zurückführten. Wenig überraschend: Jene mit statischem Selbstbild begründeten die schlechte Note eher mit mangelnder Intelligenz.
Falsches Feedback
Nun könnte man dieses Ergebnis noch als reine Einstellungssache abtun. Doch in den nächsten Versuchen zeigte sich: Diese Attitüde wirkte sich nicht nur auf das Denken der Probanden aus, sondern auch auf ihr Handeln. Vertreter des statischen Selbstbildes tendierten eher dazu, der Schülerin Trost wegen ihres fehlenden Talents zu spenden. Will sagen: Sie neigten dazu, der Schülerin diesen Mangel noch zu bestätigen – und ihr Engagement womöglich noch weiter zu vermindern.
Wie fatal solch falsches Feedback sein kann, zeigte das letzte Experiment. Hier sollten sich die Probanden ausmalen, in einer Matheklausur selbst schlecht abgeschnitten zu haben. Nun teilte Rattan sie in drei Gruppen. Die einen bekamen tröstende Worte zu hören: „Du bist generell talentiert – aber nicht jeder ist eben ein geborener Mathematiker.“ Die anderen lauschten aufmunternden Worten: „Du bist generell talentiert, solltest aber anders lernen, vielleicht zusammen mit einem Tutor. Ich werde dir künftig herausfordernde Aufgaben geben.“ Die dritte bekam neutrales Feedback.
Und siehe da: Die Gruppen reagierten darauf völlig unterschiedlich. Am motiviertesten zeigten sich hinterher jene, die aufmunterndes Feedback bekommen hatten. Da sie verstanden hatten, dass sie in Zukunft stärker herausgefordert werden würden, wollten sie sich nun umso mehr anstrengen. Wer sich mit seinem fehlenden Talent schon abgefunden hatte, war nun noch demotivierter.
Tröstende Worte mögen gut gemeint sein. Doch die Studie zeigt, dass sie sich durchaus rächen können. Dann nämlich, wenn die Betroffenen sich mit ihrer vermeintlich natürlichen Schwäche abfinden – und ihren Ehrgeiz erst recht über Bord werfen.
Quelle:
Aneeta Rattan, Catherine Good, Carol Dweck (2012). „It’s ok – Not everyone can be good at math“: Instructors with an entity theory comfort (and demotivate) students. Journal of Experimental Social Psychology, Band 48, Seite 731–737.
@Denny: Danke für das, ähem: Feedback 🙂 Das bestätigt die Studie ja – gut zu wissen.
Hallo
Also mir wars immer lieber, dass man mir sofort und direkt sagt wenn etwas nicht passt bzw ich etwas schlecht oder falsch gemacht habe. So ein „Mitgefühl“, vor allem schwach rübergebracht, kann einen sehr wohl noch weiter runterziehen mental
DANKE