Verkehrte Wirkung – Warum Ausgabenlimits schaden können

Wer oft zu viel Geld ausgibt, kann sich vor dem Einkaufen ein festes Ausgabenlimit setzen. Aber Vorsicht, warnt eine neue Studie: Solche Beschränkungen können äußerst kontraproduktiv sein – weil sie uns mitunter zu höheren Ausgaben verführen.

Es ist einer der banalsten Ratschläge für Menschen, die beim Einkaufen ständig zu viel Geld ausgeben: Setz dir vorher ein konkretes Ziel, wie viel du ausgeben willst! Dahinter steckt das Prinzip der Salienz. Vereinfacht ausgedrückt: Das fixe Limit im Kopf schafft ein Bewusstsein für die Ausgabengrenze und bewahrt uns davor, mehr als nötig auszugeben. Soweit zumindest die Theorie.

Praktisch jedoch erleben das viele Menschen anders – dann nämlich, wenn sie beim Shopping wieder über ihre finanziellen Stränge schlagen. Es mag zunächst vielleicht seltsam klingen – aber einer der Gründe für zu hohe Ausgaben sind ebenjene festen Vorsätze. Das zumindest behaupten die beiden US-Wissenschaftler Jeffrey Larson (Brigham Young Universität) und Ryan Hamilton (Emory Universität).

Eine Handvoll Dollar

Für ihre Studie, die in einer kommenden Ausgabe des „Journal of Marketing Research“ erscheinen wird, konzipierten sie insgesamt sechs Experimente mit Hunderten von Teilnehmern. In einem sollten sich beispielsweise 108 Studenten grüppchenweise an einen Computer setzen und ein paar Aufgaben lösen. Als Belohnung winkte ihnen eine Auszahlung von sechs US-Dollar. Kurz vor Ablauf der Zeit erfuhren sie, dass sie sich von dieser Belohnung im Anschluss etwas kaufen könnten – was genau, wurde ihnen aber noch nicht verraten. 85 Probanden gingen auf das Angebot ein und durften nun aus einer Reihe verschiedener Kugelschreiber wählen.

Doch vorab wurden sie in zwei Gruppen geteilt: Die eine sollte angeben, welche Summe ihres Lohns in Höhe von sechs Dollar sie maximal für den Stift ausgeben würden. Die andere musste sich nicht festlegen und bekam die vier Stifte direkt gezeigt. Diese waren unterschiedlich teuer. Einer kostete 99 Cent, ein anderer 1,99 US-Dollar, ein dritter 2,99 Dollar, der vierte 3,99 Dollar.

Kaum zu glauben, aber: Wer vorher ein konkretes Ausgabenziel genannt hatte, bevorzugte nicht nur häufiger die teureren Stifte. Er gab im Schnitt auch wesentlich mehr Geld aus – 2,10 US-Dollar gegenüber 1,64 Dollar. Immerhin ein Unterschied von knapp 30 Prozent. Mehr noch: Aus Gruppe B entschieden sich nur knapp 39 Prozent für einen Stift, der mehr als 99 Cent kostete. Bei Gruppe A waren es immerhin 59 Prozent.

Zufall? Vielleicht. Doch dasselbe Resultat erhielten die beiden Wissenschaftler auch in den fünf weiteren Experimenten. Bei einem davon sollten sich die Probanden zwischen einem günstigen und einem teuren Fernseher entscheiden. Mussten sie sich vorab nicht festlegen, wählten knapp 32 Prozent der Probanden die teurere Variante. Sollten sie ihre Zahlungsbereitschaft nennen, stieg die Zahl der Luxuskäufer auf 55 Prozent. Egal ob sie ihre maximale Zahlungsbereitschaft oder ein festes Budget nannten: Probanden mit einer genauen Vorstellung von ihrem finanziellen Limit waren jedes Mal dazu bereit, mehr Geld auszugeben.

Andere Entscheidung

Waren die Betroffenen alle kaufsüchtig, wohlhabend oder verschwenderisch? Mitnichten. „Wer beim Einkaufen ein festes Budget im Kopf hat, trifft seine Entscheidungen plötzlich anders“, resümieren Larson und Hamilton.

Und das kommt so: Wer sich für eine Anschaffung ein finanzielles Limit setzt, überlegt sich automatisch, welche Preise ihm so gerade noch akzeptabel erscheinen – und dadurch hat er eine engere Sichtweise. Denn: Plötzlich stehen viel weniger Optionen zur Verfügung. Und dadurch fallen uns Qualitätsunterschiede viel stärker ins Auge. Motto: Wenn ich für dieses Produkt schon maximal 100 Euro ausgebe, dann will ich dafür auch das bestmögliche rausholen.

„Skurrilerweise führt das selbst gewählte Limit dazu, dass Konsumenten sich letztlich weniger auf die Preise konzentrieren und stattdessen mehr auf die Qualität“, schreiben die Wissenschaftler. Mit anderen Worten: Die hohe Qualität wird umso wichtiger – und die kostet meist auch mehr.

Quelle:
Jeffrey Larson und Ryan Hamilton (2011). When Budgeting Backfires: How Self-Imposed Price Restraints Can Increase Spending. In: Journal of Marketing Research, Ahead of print.

8 Kommentare

  1. Schon interessant. Doch unbewusst wählten die Probanden dann langfristig ja doch die niedrigeren Ausgaben, denn Qualität hält länger und man vermeidet doppelte Ausgaben, wenn z.B. ein niedrigpreisiges Produkt schneller kaputt geht. Oder?

Hinterlasse einen Kommentar.

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert