Bleiben Facebook-Nachrichten und Twitter-Meldungen länger im Gedächtnis?

Das Internet verwandelt das Gehirn in Kartoffelbrei? Mitnichten. Eine neue Studie resümiert: Statusmeldungen auf Facebook und Nachrichten bei Twitter prägen sich deutlich besser ein als Sätze aus Büchern oder menschliche Gesichter.

„Meiden Sie die digitalen Medien“, schrieb der eigentlich seriöse Hirnforscher Manfred Spitzer in seinem Buch Digitale Demenz im vergangenen Jahr, „sie machen tatsächlich dick, dumm, aggressiv, einsam, krank und unglücklich.“

Bevor Sie sich jetzt aus Angst vor völliger Verdummung in sämtlichen sozialen Internet-Netzwerken abmelden: Immer mit der Ruhe.

Nun ist der Nutzen der Statusmeldung bei Facebook durchaus umstritten. Kritiker behaupten gerne, dass die Mitglieder die Funktion hauptsächlich dazu gebrauchen, um ihren Freunden sinnfreien und selbstreferenziellen Mumpitz mitzuteilen.

Daraus ließe sich schließen, dass die meisten Nachrichten bald aus dem Gedächtnis verschwinden – doch laut einer neuen Studie könnte das Gegenteil der Fall sein. Das zumindest resümieren Psychologen um Laura Mickes von der Universität von Kalifornien in San Diego.

Im ersten Teil ihrer Studie teilten sie 48 Studenten in drei Gruppen. Gruppe A sah nun auf einem Monitor 100 verschiedene Statusnachrichten, die Facebook-Mitglieder zuvor gepostet hatten. Gruppe B las 100 willkürlich ausgewählte Sätze aus Sachbüchern und Romanen. Und Gruppe C sah verschiedene Gesichter.

Im Anschluss testete Mickes, wie gut sich alle Gruppen an das zuvor Gesehene erinnerten. Und siehe da: Gruppe A schnitt am besten ab. Sie konnten sich die Facebook-Nachrichten besser einprägen als jene Gruppen, die sich an Sätze aus Büchern oder Gesichter erinnern sollten – und zwar unabhängig von der Länge der Sätze oder ihrem emotionalen Inhalt.

In einem weiteren Experiment konfrontierte Mickes 180 Studenten mit drei Arten von Sätzen: Überschriften von Nachrichtenartikeln, einzelne Sätze aus diesen Artikel und Leserkommentare zu diesen Texten. Nun testete sie erneut, wie gut die Freiwilligen sich die verschiedenen Sätze gemerkt hatten. Ergebnis: Die Leserkommentare waren einprägsamer als die Überschriften – und die einzelnen Sätze hatten sie am schlechtesten memoriert.

Mickes führt die Einprägsamkeit von Facebook-Statusmeldungen und Twitter-Beiträgen auf verschiedene Faktoren zurück. Dafür verantwortlich sei eine Kombination aus dem Thema einerseits und andererseits der Tatsache, dass es sich dabei um spontane und natürliche Sprache handelt.

Diese Erkenntnis deckt sich mit einer Studie aus dem Jahr 1977. Damals testete die Psychologin Janice Keenan von der Universität von Denver, wie gut sich ihre Probanden Sätze aus Alltagsgesprächen merken konnten. Mal stammten diese Sätze von Personen, die die Freiwilligen kannten, mal von Unbekannten. Mal verlangten die Sätze eine Form der Interaktion, mal standen sie für sich selbst. Und dabei fand Keenan heraus: Die Freiwilligen konnten sich jene Sätze am besten merken, die von Bekannten stammten und Interaktion erforderten.

Diese Erkenntnis lässt sich nach Ansicht von Laura Mickes auch auf die Statusnachrichten und Mitteilungen in sozialen Netzwerken im Internet übertragen: „Sie sprechen die grundlegenden Sprachfähigkeiten unseres Gehirns wahrscheinlich eher an als professionell formulierte Sätze“, meint Mickes. „Vielleicht sind es gerade diese spontanen und ohne viel Nachdenken formulierten Äußerungen, die darum so gut im Gedächtnis bleiben.“

Quelle:
Laura Mickes et al (2013). Major memory for microblogs. Memory & Cognition

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