Gemeinsame Beute – Schon Kinder teilen gerecht

Früher glaubten Wissenschaftler, der Mensch sei nur am eigenen Wohlergehen interessiert. Neue Erkenntnisse revidieren jedoch dieses Bild. Eine neue Studie zeigt: Schon Kinder haben ein Gespür für Kooperation und Großzügigkeit.

Bereits im Jahr 2006 resümierten Felix Warneken und Michael Tomasello vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie: Kleinkinder sind durchaus hilfsbereit. In einem Experiment (.pdf) sahen 18 Monate alte Babys, wie ein erwachsener Mann vergeblich versuchte, eine Schranktür zu öffnen – denn in seinen Händen hielt er einen Stapel Bücher. Als die Kinder seine Hilflosigkeit bemerkten, tapsten sie zu ihm und öffneten ihm die Tür. Dieselbe Hilfsbereitschaft zeigten sie, wenn es darum ging, einen Stift aufzuheben. 

Mit ihrer Kollegin Katharina Hamann haben Warneken und Tomasello jetzt eine neue Studie (.pdf) veröffentlicht. Deren Quintessenz: Schon Kleinkinder wissen, ob sie sich nach einer gemeinsamen Aufgabe eine Belohnung verdient haben – oder nicht. Offenbar haben wir von Natur aus ein feines Gespür für Kooperation.

In mehreren Experimenten konnten zwei- und dreijährige Kinder bunte Murmeln gewinnen, die Hamann und Co. auf ein Brett gelegt hatten. Mal sollten die Kleinen gleichzeitig an den Enden eines Seils ziehen, woraufhin sich die Murmeln auf sie zubewegten – allerdings erhielt ein Kind drei Murmeln, das andere nur eine. In anderen Durchgängen rollten die Kügelchen automatisch auf sie zu oder jedes der Kinder zog alleine am Seil. Kurzum: Die Kinder mussten nicht miteinander kooperieren.

Und siehe da: Dieser Unterschied wirkte sich erheblich auf die Großzügigkeit der Knirpse aus. Wenn die Kleinen die Murmeln ohne ersichtlichen Grund bekommen hatten oder für eine alleine gelöste Aufgabe, behielten sie den Großteil der Belohnung für sich. Sowohl zwei- als auch dreijährige Kinder teilten ihre Murmeln nur dann mit dem anderen Kind, wenn sie die Aufgabe gemeinsam erledigt hatten.

Dieses Verhalten unterscheidet uns wesentlich von unseren engsten Verwandten – den Affen. In ähnlichen Experimenten mit Schimpansen stellte Hamann nämlich fest: Die Affen teilten nach gemeinsamer Arbeit nicht häufiger mit anderen Artgenossen, als wenn ihnen die Beute ohne Arbeit zufiel.

Möglicherweise ist dieses Verhalten naturbedingt – denn auch in freier Wildbahn kooperieren Schimpansen bei der Beschaffung von Nahrungsmitteln nur selten aktiv miteinander. Daher haben sie vermutlich keinen Hang dazu entwickelt, Ressourcen dann gerechter aufzuteilen, wenn diese mit anderen Gruppenmitgliedern zusammen erlangt wurden.

Dieser Unterschied deutet darauf hin, dass der menschliche Sinn für Verteilungsgerechtigkeit einen evolutionären Ursprung hat – nämlich im Teilen gemeinsam erlegter Beute.

 

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