Trau Dich – Entscheidungen machen glücklich

Aufstehen oder weiterschlafen? Duschen oder baden? Meist sind unsere Entscheidungen eher banal – und trotzdem haben wir häufig Probleme, uns festzulegen. Dabei legt eine neue Studie nahe: Entscheidungen machen glücklich.

„Entscheidungen zu treffen – das ist eine Entscheidung, für die sich keiner mehr entscheiden will“, schreibt der deutsche Kabarettist Florian Schroeder in seinem sehr lesenswerten und unterhaltsamen Buch „Offen für alles und nicht ganz dicht“. Die Angst, sich für das eine und damit automatisch gegen das andere zu entscheiden, scheint uns im Alltag öfters zu lähmen. Die Gruppe „Fettes Brot“ verewigte dieses Gefühl einst in einem ihrer größten Hits: „Soll ich’s wirklich machen, oder lass ich’s lieber sein? Jein.“

Fest steht: Kontrolle über das eigene Leben wirkt sich erheblich auf unser Wohlbefinden aus. Wer ohne Druck und Zwänge lebt, ist körperlich und seelisch gesünder – und im Alltag besteht ein wesentliches Element dieser Kontrolle darin, eigene Entscheidungen zu treffen.

Mit deren neurologischen Hintergründen beschäftigt sich der Psychologe Mauricio Delgado von der Rutgers Universität schon seit einigen Jahren. Vereinfacht gesagt interessiert ihn, was in unserem Kopf vorgeht, wenn wir uns entscheiden. In einer neuen Studie mit dem Titel „The Inherent Reward of Choice“ (etwa: „Die natürliche Belohnung einer Entscheidung“), die bald im Journal „Psychological Science“ erscheinen wird, kommt er jetzt zu einem überraschenden Fazit: Demnach können uns Entscheidungen zumindest kurzfristig glücklich machen – denn allein die Aussicht, aus freien Stücken eine Option wählen zu dürfen, aktiviert das Belohnungszentrum im Gehirn.

Freie Auswahl

Für sein Experiment setzte Delgado 18 Probanden mit einem Durchschnittsalter von 21 vor einen Computerbildschirm. Ihnen teilte er mit, dass sie in der folgenden Übung so viel Spielgeld wie möglich gewinnen sollten, das sie hinterher gegen echtes Geld tauschen konnten.

Auf dem Monitor sahen die Probanden nun zwei kleine Rechtecke, ein blaues und ein gelbes. Mal konnten sie selbst entscheiden, welches sie berührten, mal traf der Computer die Auswahl für sie. Unmittelbar danach teilte der Rechner ihnen mit, ob sie 0, 50 oder 100 Dollar erspielt hatten. Mit anderen Worten: Im Fall der eigenen Entscheidung wussten die Kandidaten, dass sie selbst den falschen Knopf gewählt hatten; im anderen Szenario konnten sie das zumindest auf den Computer schieben.

Man könnte davon ausgehen, dass die Teilnehmer sich insgesamt mehr ärgerten, wenn sie selbst entschieden hatten – immerhin gab es eine 50:50-Chance, und im Falle des Misserfolgs ließ sich die Schuld auf den Computer schieben. Aber genau das Gegenteil war der Fall. Als Delgado die Probanden fragte, wie sie das Experiment fanden, stellte er fest: Die Teilnehmer hatten mehr Spaß, wenn sie den Knopf selbst gedrückt hatten – unabhängig davon, wie anschließend ihr Gewinn ausgefallen war.

Mehr noch: Delgado maß während des Experiments mithilfe der funktionellen Magnetresonanztomographie die Hirnaktivität der Teilnehmer. Und siehe da: Wenn sie selbst zwischen gelbem und blauem Knopf wählen konnten, waren jene Hirnregionen aktiv, die für Belohnungen zuständig sind. (Für Feinschmecker: Dies betraf vor allem das Striatum, den präfrontalen Kortex sowie den so genannten Mandelkern.) Entschied der Computer für sie, hielten diese Regionen still. „Das Bedürfnis nach Kontrolle und freier Auswahl hat offenbar biologische Hintergründe“, sagt Delgado.

Vielleicht müssen wir einfach umdenken: Häufig denken wir, uns entscheiden zu müssen. Stattdessen sollten wir dankbar sein, uns überhaupt entscheiden zu dürfen. Unser Gehirn stimmt diese Gewissheit jedenfalls froh.

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