Sie wollen andere überzeugen oder subtil manipulieren? Dann haben zwei Psychologen einen Tipp für Sie: Erschrecken Sie Ihr Gegenüber zuerst und beruhigen Sie es dann – denn diese emotionale Verwirrung senkt den Widerstand.
Manche Menschen scheinen mit Überzeugungskraft gesegnet. Ihnen fällt es leicht, andere mitzureißen und zu überzeugen.
Längst nicht jeder hat dieses Talent von Natur aus. Wie schön, dass Psychologen Rat wissen. Sie haben in den vergangenen Jahrzehnten einige hübsche Techniken entdeckt, mit denen wir unsere Freunde, Kollegen oder Kunden subtil manipulieren können.
1. Die Foot-in-the-door-Technik: Erbitten Sie zunächst einen kleinen Gefallen, den der Andere praktisch nicht ausschlagen kann. Dann haben Sie den Fuß in der Tür. Nun rücken Sie mit dem wahren, größeren Anliegen heraus. Der Effekt: Das Gegenüber stimmt mit höherer Wahrscheinlichkeit zu.
2. Die door-in-the-face-Technik: Hier bitten Sie zunächst um einen großen, beinahe unverschämten Gefallen, den der Andere auf jeden Fall ausschlägt. Nun rücken Sie mit dem wahren, aber vergleichsweise bescheidenen Anliegen heraus.
3. Die low-ball-Technik: Machen Sie zunächst ein niedriges Angebot, das bestenfalls auf Zustimmung stößt. Ist das Interesse erst geweckt, können Sie im Anschluss einen höheren Preis durchsetzen.
4. Gespräch initiieren: Hier verwickeln Sie Verhandlungspartner zunächst in einen Dialog. Dadurch steigern Sie die Chancen auf eine Einigung – jedenfalls mehr, als wenn Sie vorher monologisieren.
5. Einen draufsetzen: Nennen Sie zunächst einen recht hohen Preis. Doch bevor Ihr Gegenüber etwas sagen kann, senken Sie den Preis geringfügig oder legen noch ein Geschenk obendrauf.
Das Kalkül hinter diesen rhetorischen Tricks ist klar. Der Gesprächspartner soll zu einer bestimmten Handlung bewegt werden – eine Handlung, die er ohne diese Tricks vielleicht nicht ausgeführt hätte. Nun haben die beiden polnischen Psychologen Dariusz Dolinski und Katarzyna Szczucka eine weitere Methode entwickelt, mit der Sie Ihre Mitmenschen manipulieren können.
Schreck lass nach
Im ersten Experiment der Studie sprach ein Komplize im Hauptbahnhof der Stadt Wroclaw 30 Männer und 30 Frauen an – allerdings auf verschiedene Arten. Gruppe A tippte er auf die Schulter und sagte: „Verzeihen Sie, ich studiere Soziologie. Könnten Sie mir bei einer Umfrage für meine Masterarbeit helfen? Sie müssten mir nur einige Fragen beantworten.“ Bei Gruppe B sagte er dasselbe, fügte aber noch hinzu: „Wir brauchen höchstens drei Minuten, es geht ganz schnell!“
Bei Gruppe C hingegen ging er subtiler vor. Er schlich sich von hinten an die Passanten heran, bückte sich und rief: „Verzeihen Sie, haben Sie Ihre Brieftasche verloren?“ Daraufhin wedelte er mit einem Portmonnaie.
Die angesprochenen Personen erschraken zunächst. Manche guckten sofort nach, ob sie ihren Geldbeutel noch hatten. Andere betrachteten das Portmonnaie des Komplizen. Doch alle waren erleichtert. Ihre Brieftasche war noch da. Ein Missverständnis also.
Jetzt fuhr der Komplize fort: „Na gut, dann bringe ich es zur Bahnhofsaufsicht. Aber wo wir gerade dabei sind: Ich studiere Soziologie. Könnten Sie mir bei einer Umfrage für meine Masterarbeit helfen? Sie müssten mir nur einige Fragen beantworten.“ Bei Gruppe D wiederholte er das Prozedere, fügte aber noch hinzu: „Wir brauchen höchstens drei Minuten, es geht ganz schnell!“
Und siehe da: Der Trick wirkte. In den Gruppen A und B war die Hilfsbereitschaft gering, hier halfen nur 37 beziehungsweise 35 Prozent. Ganz anders war es bei Gruppe C: Hier wollten immerhin 60 Prozent an der Umfrage teilnehmen. In Gruppe D waren es sogar 78 Prozent!
Vielleicht wollten sich die angesprochenen Personen bloß für die Höflichkeit revanchieren. Doch zwei weitere Experimente mit ähnlicher Herangehensweise brachten dasselbe Ergebnis.
Falsche Knöllchen
In einem Versuch hefteten die Wissenschaftler Zettel an die Türen von 120 Autos. Außerdem pappten sie vermeintliche Knöllchen hinter die Scheibenwischer von 120 weiteren Autos, die im Halteverbot standen. Bei näherem Hinsehen entpuppten sich die Zettel aber als Werbung.
Mit anderen Worten: Auch hier erschrak die eine Hälfte zunächst, weil sie mit einer Strafe rechnete – und war dann erleichtert, als sich die Befürchtung als falsch erwies. Und das beeinflusste ihr Verhalten.
Als alle Personen losfahren wollten, näherte sich eine Komplizin von Dolinski. Sie wollte Aufkleber mit Indianermotiven verkaufen, für umgerechnet etwa 1,40 Euro. Und siehe da: Die Knöllchengruppe kaufte die seltsamen Aufkleber in 55 Prozent der Fälle – und sogar zu 70 Prozent, wenn die Verkäuferin zusätzlich betonte, dass es sich um ein Sonderangebot hielt. Die andere Gruppe kaufte den Sticker nur zu 33 Prozent. Wieder erhöhte der Schreck also die Zustimmungsrate.
Genauso war es auch im letzten Experiment. Hier ging die Hälfte der Probanden davon aus, dass sie für falsche Antworten mit leichten Elektroschocks traktiert würde. Doch wenig später korrigierte sich der Studienleiter. Genau jene Probanden spendeten im Anschluss häufiger für wohltätige Zwecke.
Offenbar ist es effektiv, Verhandlungspartner zuerst leicht zu erschrecken und dann zu beruhigen. Denn genau dieser schnelle Wechsel zwischen Anspannung und Erleichterung sorgt für emotionale Verwirrung. Dadurch sinkt der Widerstand – und gleichzeitig steigt die Bereitschaft, bestimmte Wünsche zu erfüllen.
Quelle:
Dariusz Dolinski und Katarzyna Szczucka (2013). Emotional disrupt-then-reframe technique of social influence. Journal of Applied Social Psychology, Band 43, Seite 2031–2041
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