Mieses Verhalten, gutes Gewissen – Warum Menschen gerne betrügen

Menschen benehmen sich häufig daneben – und fühlen sich trotzdem gut. Eine neue Studie resümiert: Die Erleichterung darüber, mit einer Schwindelei davon gekommen zu sein, ist bisweilen größer als das schlechte Gewissen.

„Moralisch ist, wonach man sich gut fühlt“, schrieb Ernest Hemingway einst in seinem Buch Tod am Nachmittag, „unmoralisch ist, wonach man sich schlecht fühlt.“

Die Denke dahinter ist klar: Wer moralische Grenzen übertritt, soll Schuld fühlen, Scham oder Angst vor den Konsequenzen. Ebenso simpel erscheint die Lösung: Einfach immer hübsch korrekt verhalten, dann muss man sich auch nicht schlecht fühlen.

Dennoch begehen Menschen immer wieder Missetaten. Obwohl sie sich danach schlecht fühlen? Mitnichten, meint zumindest Nicole Ruedy von der Universität von Washington: „Unethisches Verhalten kann sogar positive Gefühle auslösen.“

Zu diesem Ergebnis gelangte die Ökonomin in sechs verschiedenen Experimenten. Mal sollten die Freiwilligen einschätzen, wie sie sich nach einem Betrug fühlen würden. Das Szenario: Sie konnten in einer Übung behaupten, dass sie besser abgeschnitten hatten – und so mehr Geld ergattern. Wenig überraschend: Die Probanden glaubten, dass sie sich nach der Mogelei mies fühlen würden.

Doch in den nächsten Versuchen gab Ruedy den Teilnehmern die Möglichkeit, tatsächlich zu pfuschen, um den eigenen Geldbeutel aufzubessern. Siehe da: Wer diese Möglichkeit wahrnahm, fühlte sich keineswegs schlechter – sondern besser. Und zwar selbst dann, wenn die Wissenschaftlerin die Freiwilligen aufforderte, nicht zu betuppen oder sie daran erinnerte, wie wichtig Ehrlichkeit war. Die Testpersonen schummelten auch, wenn der finanzielle Vorteil äußerst gering war – und zeigten hinterher keine Anzeichen von Reue, sondern von Glück und Zufriedenheit.

Nicole Ruedy führt das auf eine Art Hochgefühl des Betrügers zurück. Demnach überwiegt bisweilen die Erleichterung darüber, mit einer Schwindelei davon gekommen zu sein, das schlechte Gewissen angesichts der Missetat – zumindest dann, wenn niemand zu Schaden gekommen ist.

Quelle:
Nicole Ruedy et al (2013). The Cheater’s High: The Unexpected Affective Benefits of
Unethical Behavior. Journal of Personality and Social Psychology, Band 105, Nummer 4, Seite 531–548

3 Kommentare

  1. Man fragt uns in unserer Kindheit in aller Regel nicht nach unserer WAHRnehmung.
    Man gibt uns vor, wie die Welt und wir zu sein haben.
    Wenn wir den Vorgaben entsprechen, gibts Anerkennung, wenn die Wirklichkeit uns einen anderen Weg führt, werden wir dafür allzu oft bestraft.
    Lernfähig, wie wir sind, lernen wir infolgedessen die gewünschte Wirklichkeit mit der wriklichen Wirklichkeit zu verwechseln.
    Wir betrügen uns selbst, damit wir nicht dauernd bestraft werden.
    Und wir machen das, was man mit uns gemacht hat, dann mit anderen.
    Wir betrügen andere, wie wir uns betrügen, und hoffen, nicht dabei erwischt zu werden.
    Das Gemeinsame dieser Er“zieh“ung ist der DRUCK.
    Alles ErDRÜCKung, diese Er“zieh“ung.
    So glücklich ist aber keiner über geglückten (Selbst-)Betrug.
    Das Glück reduziert sich oft auf die Freude, nicht erwischt worden zu sein, und das weist ja schon auf ein Leben, ständig innerlkich auf der Flucht, hin.
    Da wechsle ich in der Ich-kann-Schule doch lieber das PRINZIP und lasse mir für ERZIEHung was einfallen, was ZIEHT.
    Und unterscheide zwischen Erdrückung und Erziehung.
    Und gehe die interessanten Wege menschlicher Entwicklung, in denen man über solch klägliches Niveau hinauswachsen kann.
    Im Grunde braucht jeder Mensch ein gewisses Maß an Persönlichkeitswachstum, das er sich ggf. verspielt, wenn er keinen intelligenteren, klügeren Weg kennt, zu Achtung und Anerkennung zu kommen. Wenn uns das bewusst ist, dann sollte uns doch ein- und auffallen, wie man solche Entwicklungen günstig verändern kann.
    Guten Erfolg!
    Franz Josef Neffe

Hinterlasse einen Kommentar.

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert