Wären wir besser dran, wenn wir all unsere Entscheidungen noch mal revidieren könnten? Mitnichten. Laut einer neuen Studie ist die Endgültigkeit eine Bedingung, um sich mit Entscheidungen anzufreunden.
Hier einen Vertrag kündigen, dort ein Produkt umtauschen: In vielen Situationen können wir unsere Meinung noch mal ändern. Das sprichwörtliche Gras scheint auf der anderen Seite häufig grüner – und deshalb wechseln wir die Seite.
Wäre es nicht schön, diese Rückgängig-Taste ständig drücken zu können? Sämtliche Entscheidungen revidieren zu dürfen? Entschlüsse im Nachhinein zu korrigieren? Um es kurz zu machen: nein.
Das legten die US-Psychologen Daniel Gilbert und Jane Ebert bereits im Jahr 2002 nahe. Die Teilnehmer ihrer Studie fanden es theoretisch zwar dufte, ihre Meinung ändern zu dürfen. Praktisch jedoch führte das nicht zu mehr Zufriedenheit. Im Gegenteil. Konnten sie ausgewählte Produkte hinterher noch mal umtauschen, waren sie damit letztendlich unglücklicher.
Der Grund: Es mangelte am Spreading-Apart-Effekt. Er sorgt dafür, dass wir die gewählte Alternative attraktiver finden, während uns die nicht gewählte unattraktiver erscheint – allerdings nur bei endgültigen Entscheidungen. Aber warum? Dieser Frage ging nun die niederländische Psychologin Lottie Bullens in einer neuen Studie nach.
Im ersten Versuch setzte sie 51 Studenten vor einen Computer. Dort sollten sie verschiedene Übungen durchlaufen. Die Reihenfolge stehe fest, sagte Bullens – bis auf die letzte Aufgabe. Hier durften sich alle Freiwilligen zwischen zwei Alternativen entscheiden. Der Clou war jedoch: Die eine Hälfte dürfte sich später noch mal umentscheiden, die andere nicht.
Erneut zeigte sich der Einfluss der Endgültigkeit: Jene Teilnehmer, die eine irreversible Entscheidung treffen mussten, fanden die gewählte Alternative umso besser – und die ausgelassene umso unattraktiver. Anders war es bei jenen Probanden, die ihre Meinung noch mal ändern durften. Sie waren den Optionen gegenüber relativ gleichgültig.
In einem weiteren Experiment fand Bullens die Ursache: Wer eine endgültige Wahl treffen musste, konzentrierte sich hinterher vor allem auf deren positiven Aspekte – und ignorierte die Nachteile. Das Gegenteil war bei jenen der Fall, die sich umentscheiden konnten: Sie fokussierten sich vor allem auf die positiven Aspekte jener Alternative, die sie ignoriert hatten – und vergaßen die angenehmen Seiten ihrer Wahl.
Offenbar führt die Endgültigkeit dazu, dass wir uns auf die Vorzüge unserer Auswahl konzentrieren. Wir finden unsere Wahl umso besser und die abgelehnte Alternative umso schlechter – und das steigert die Zufriedenheit.
Anders ist es, wenn wir uns noch mal korrigieren dürfen. „Wenn Menschen ihre Entscheidung revidieren können, achten sie vor allem auf die Fehler und Mängel dieser Entscheidung“, sagt Bullens. Die Rückgängig-Taste lässt das sprichwörtliche Gras auf der anderen Seite also nicht nur grüner erscheinen. Sie trübt gleichzeitig den Blick für die Schönheit unserer eigenen Wiese.
Quelle:
Lottie Bullens et al (2013). Reversible decisions: The grass isn’t merely greener on the other side; it’s also very brown over here. Band 49, Nummer 6, Seite 1093–1099, Journal of Experimental Social Psychology
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