Liebe in Zeiten des Internets – Was bringen Online-Partnerbörsen?

Immer mehr Menschen nutzen heute Online-Partnerbörsen, um die große Liebe zu finden – auch weil die Anbieter suggerieren, den richtigen Partner herausfiltern zu können. Aber stimmt das? Ein US-Psychologenteam warnt vor zuviel Euphorie.

Amors Pfeil kann uns überall treffen: Der eine begegnet seinem Herzblatt auf einer Party, der andere in einer Bar, wieder andere bauen bei der Partnersuche lieber auf die Hilfe von Freunden und Bekannten. Doch in den vergangenen Jahren hat sich eine weitere Balz-Säule breit gemacht: Viele Menschen bevorzugen heute die Partnersuche im Internet.

Online-Partnerbörsen sind aus dem Boden geschossen wie die sprichwörtlichen Pilze an einem feuchten Herbstmorgen. Neben den offensichtlichen Vorteilen – gestresste Singles müssen ihre Wohnung nicht verlassen, Schüchterne können die peinliche Stille des ersten Moments umgehen -, boomen die Seiten vor allem aus einem Grund: Die Anbieter wie Parship, Elitepartner oder FriendScout24 werben damit, eine gewisse Systematik in die Suche nach der einen, echten, wahren, großen Liebe zu bringen.

Auf vielen Seiten müssen die Mitglieder daher umfangreiche Angaben zu ihrer Person machen – nicht nur zu Körpergröße, Hobbys oder Lieblingsspeise, sondern auch zu ihren Charaktereigenschaften. Dahinter steckt der Glaube, dass auf jeden Topf ein Deckel passt – so lange man nur genau genug nachforscht.

Aber stimmt das wirklich? Sind Online-Partnerbörsen die besseren, zuverlässigeren Liebeskuppler? Oder sind die Offerten der Anbieter nichts weiter als heiße Luft? Dieser Frage widmete sich jetzt ein Forscherteam um Eli Finkel von der Northwestern Universität im US-Bundesstaat Illinois. „Die Seiten versprechen nicht, was sie halten“, schrieb er kürzlich in einem Gastbeitrag für die New York Times.

Altes Prinzip

In der umfangreichen Studie räumen Finkel und Co. zunächst einmal mit einem Gerücht auf: Selbst wenn die Technik neu sein mag – das Prinzip der amorösen Rasterfahndung ist es nicht. Bereits im Jahr 1959 entwickelten Mathematikstudenten der Stanford Universität für ein Abschlussprojekt eine Software namens „Projektplanung für glückliche Familien“.

49 Männer und 49 Frauen füllten dafür einen Fragebogen aus und machten verschiedene Angaben zu ihrer Person – Alter und Größe, Konfession, Charaktereigenschaften und Hobbys. Die Software stellte dann eine Reihenfolge auf, welche Studenten vermeintlich am besten zueinander passten. Einziges Kriterium war, wie ähnlich die Angaben der Studenten waren. Immerhin eine Ehe ging aus diesem Pilotprojekt hervor.

Heute haben die Online-Partnerbörsen völlig andere technische Möglichkeiten, um für die vielen Töpfe die passenden Deckel zu finden. Hinzu kommt: Viele Anbieter haben sich für ihre Software die Hilfe von Anthropologen, Soziologen und Psychologen geholt. Die geballte Expertise soll sicherstellen, dass die Paare wunderbar zusammenpassen.

Deshalb haben sie umfangreiche Fragebögen entwickelt, die in ihrer Präzision fast schon etwas absurd wirken: Die einen fragen die Singles nach ihren Werten, andere nach ihrem Temperament, wieder andere nach ihrem Intellekt oder ihrem akademischen Hintergrund. Da stellt sich die Frage: Was nützen diese ausgefeilten Systeme? Um es vorwegzunehmen: nicht allzu viel – was vor allem an drei Problemen liegt.

Falsche Vorstellungen

Zum einen wissen die meisten Menschen gar nicht, was sie sich von ihrem Herzblatt wirklich wünschen. Dutzende von Untersuchungen konnten in der Vergangenheit zeigen: Viele glauben zwar, gewisse Idealvorstellungen vom Traumprinzen oder von der Traumprinzessin zu haben – doch wenn ihr Partner ebenjene Wünsche erfüllt, dann wissen sie es nicht zu schätzen.

Zum anderen wissen Entscheidungspsychologen schon seit langem, dass wir bei einer Vielzahl von Wahlmöglichkeiten eher überfordert sind. Und dieser „Choice overload“ führt bisweilen dazu, dass wir uns entweder überhaupt nicht entscheiden wollen. Und wenn wir es doch tun, dann treffen wir häufig falsche Entscheidungen. Weniger ist manchmal eben doch mehr.

Das größte Problem an den Online-Partnerbörsen ist aber: Für den langfristigen Erfolg einer Beziehung ist es gar nicht so entscheidend, dass sich die Partner ähneln. Der US-Psychologe Matthew Montoya beispielsweise wertete für eine Metastudie im Jahr 2008 313 Einzeluntersuchungen aus. Ergebnis: Zwar fanden sich die Probanden in Laborexperimenten durchaus attraktiver, wenn sie sich ähnlich waren. Doch der Ähnlichkeitseffekt in echten Beziehungen war so gut wie nicht vorhanden.

Die US-Psychologin Portia Dyrenforth wiederum analysierte für eine Untersuchung im Jahr 2010 drei repräsentative Umfragen aus Deutschland, Großbritannien und Australien. Insgesamt 23.250 Teilnehmer machten darin Angaben zu ihrem Charakter einerseits und der Zufriedenheit mit ihrer Beziehung andererseits. Ergebnis: Die Partner waren durchaus glücklicher, wenn sie sich ähnelten – allerdings nur um 0,5 Prozent.

Will sagen: 99,5 Prozent des Beziehungsglücks sind von anderen Faktoren abhängig als die empfundene oder tatsächliche Ähnlichkeit. „Online-Partnerbörsen sind sicher kein schlechterer Ort für die Partnersuche als eine Bar oder die U-Bahn“, resümiert Finkel, „aber ein besserer Ort sind sie auch nicht.“

Quelle:
Eli Finkel, Paul Eastwick, Benjamin Karney, Harry Reis und Susan Sprecher (2012). Online Dating: A Critical Analysis From the Perspective of Psychological Science. In: Psychological Science in the Public Interest.

P.S.: Da heute Valentinstag ist, hier noch mal meine 50 Fakten über die Liebe.

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