Sollten Eltern ihre Kinder in den Mittelpunkt stellen und eigene Bedürfnisse hintenan? Ja, legt zumindest eine Psychologin in einer neuen Studie nahe. Jene Eltern, die sich besonders fürsorglich um ihre Kinder kümmerten, zeigten sich in Umfragen glücklicher.
„Kampfauftrag Kind“ lautete vor einigen Monaten eine „Spiegel“-Titelgeschichte. Darin analysierte die Autorin Kerstin Kullmann das Phänomen der Helikopter-Eltern. Eltern also, die vor Sorge um ihren Nachwuchs wie Hubschrauber um ihre Kinder kreisen. Es sei fraglich, ob sie ihren Sprösslingen damit helfen oder schaden. Doch eine Frage ließ der Text außen vor: Schaden die Eltern damit sich selbst?
Eine Antwort darauf suchte nun die Psychologin Claire Ashton-James von der Universität Amsterdam.
Für ihre Studie gewann sie insgesamt 322 Personen mit mindestens einem Kind unter 18. Zunächst beantworteten 136 Elternteile verschiedene Fragen. Wie glücklich und zufrieden sie waren zum Beispiel, oder wie erfüllend sie ihr Leben als Eltern fanden.
Außerdem wollte Ashton-James wissen, wie sehr das eigene Kind im Mittelpunkt stand. Die Befragten sollten deshalb sieben Aussagen bewerten, von 0 (stimme überhaupt nicht zu) bis 6 (stimme voll zu):
1. Meine Kinder sind der Mittelpunkt meines Lebens.
2. Das Glück meiner Kinder ist mir wichtiger als mein eigenes.
3. Ich rede über nichts so häufig wie über meine Kinder.
4. Ich finde es in Ordnung, meine Kinder mal alleine zu lassen, um Freunde zu treffen.
5. Für meine Kinder würde ich jedes Opfer in Kauf nehmen
6. Mein Terminkalender dreht sich um meine Kinder.
7. Die Bedürfnisse meiner Kinder sind wichtiger als meine eigenen.
Als die Psychologin die Ergebnisse zusammenzählte, stellte sie fest: Je mehr Punkte die Befragten auf der Sieben-Punkte-Skala hatten, desto glücklicher waren sie – und desto erfüllender fanden sie das Leben als Eltern.
Ein ähnliches Resultat erhielt Ashton-James in einer weiteren Umfrage. Darin sollten 186 Eltern berichten, was sie am Vortag mit ihren Kindern erlebt und wie glücklich sie sich währenddessen gefühlt hatten. Außerdem füllten sie wieder die Sieben-Punkte-Skala aus. Und siehe da: Die Eltern mit höheren Punktzahlen waren nicht nur glücklicher, sondern fanden alltägliche Erlebnisse umso erfreulicher und erlebten währenddessen weniger negative Gefühle.
„Je mehr Fürsorge und Aufmerksamkeit wir anderen zukommen lassen, desto glücklicher und erfüllter fühlen wir uns“, schreibt Ashton-James. Und das gilt ihrer Meinung nach auch für Eltern. „Je mehr sie sich um das Wohlergehen ihrer Kinder kümmern, desto schöner finden sie das Leben als Eltern. “
Eines sollten Eltern allerdings bedenken: Die Methodik der Studie taugt nicht dazu, eine Kausalität herzuleiten, nach dem Motto: Wer sich voll und ganz um seine Kinder kümmert, ist genau deshalb immer glücklicher. Vielmehr weist Ashton-James lediglich auf eine Korrelation hin: Starke elterliche Fürsorge und Zufriedenheit hängen zusammen. Nicht weniger, aber auch nicht mehr.
Quelle:
Claire Ashton-James, Kostadin Kushlev und Elizabeth Dunn (2013). Parents Reap What They Sow: Child-Centrism and Parental Well-Being. Social Psychological and Personality Science, Band 4, Nummer 6, Seite 635-642
Hallo Marlene,
zum „PS“ und „Frage 4“: Nein, das ist schon richtig so, das war ein „reversed item“.
LG,
Daniel
Hallo Alltagsforschungsredaktion,
ich möchte mich meiner Vorschreiberin anschließen. Die Studie ist mir mehr als suspekt.
Da werden bspw. einfach Items adaptiert (bspw. von der „Subjective Happiness scale“) und in einen anderen Zusammenhang übertragen…
Ich bezweifle auch, dass Forschungsfragen wie „Macht dieses oder jenes glücklicher“ wirklich gute Antworten erbringen. Wofür sie aber zweifellos gut sind, sind Überschriften, die breites Interesse wecken.
Und das Fazit „Starke elterliche Fürsorge und Zufriedenheit hängen zusammen.“ – nun ja, hätte Großmutter das nicht auch schon gewusst? Aber zur Antwort, wann die Fürsorge zur Übersorge wird, bleibt aus.
Mir gefällt am besten der relativierende letzte Absatz.
… und Clumsy Mamas Spielplatzbeispiel.
P.S.: Müsste Punkt 4 nicht anders herum formuliert werden: „Ich finde es NICHT in Ordnung…“?
Viele Grüße
Marlene
Hallo Clumsy Mama,
danke für dein Feedback. Du hast Recht, die Studie ist mit äußerster Vorsicht zu genießen. Denn wie du richtig schreibst, wurde das Alter der Kinder zum Beispiel nicht berücksichtigt – ebenso wenig wie die Persönlichkeitsstruktur der Eltern. Nur zwei Faktoren, die mir jetzt spontan einfallen – die sich auf so ein Ergebnis aber sicher auswirken.
LG,
Daniel
Hallo und lieben Dank für den Artikel, der mich allerdings eher kopfschüttelnd zurück lässt.
Je nach Alter des Kindes werden schon allein mehr oder weniger Punkte angekreuzt. Bis zum Schulalter wird sich wahrscheinlich jeder Terminkalender von Eltern um die Kinder herum definieren.
Abgesehen davon würde ich beispielsweise jeden der Punkte ankreuzen und sehe mich genau nicht als Helicopter Parent. Für mich ist ein „Helicopter Parent“, der sein Kind auch dann betreut, umsorgt und ihm „hilft“, wenn das Kind genau das nicht benötigt. Oder wer es gegen sein eigenes Spaß- und Lustempfinden tut und dabei also nicht authentisch ist. Wer mag, mehr dazu hier: http://clumsymamabloggtjetzt.wordpress.com/2013/10/18/helicopter-parenting-ist-mir-zu-anstrengend/
LG Clumsy Mama