Alle Lebewesen stehen im Wettbewerb: Pflanzen konkurrieren um Wasser, Tiere um Nahrung, Menschen um Freunde oder Geld. Doch klar ist: Der eine braucht die ständige Rivalität, der andere lässt es lieber ruhiger angehen. Wie entstehen diese Unterschiede?
An der Küste des brasilianischen Bundesstaates Bahia arbeiten die Männer hauptsächlich als Fischer – allerdings in verschiedenen Gebieten. Die einen angeln auf einem See namens Pedra do Cavalo, die anderen in der Allerheiligenbucht im Atlantik. Und diese Gegebenheiten prägen den Alltag.
Die Fischer auf dem See sitzen allein in kleinen Booten, gelegentlich nehmen sie ihre Familie mit. Ihre Kollegen auf dem Meer hingegen sind durch die schwierigeren Umstände auf Kooperation angewiesen. Sie nutzen größere Fischnetze und sitzen in größeren Booten, mal in Zweierteams, mal zu viert, mal zu acht. Und diese Arbeitsbedingungen beeinflussen auch den Wettbewerbsgeist.
Das bemerkte nun der Ökonom Andreas Leibbrandt von der australischen Monash Universität. Für seine Studie reiste er an die Küste von Bahia und konfrontierte 289 Fischer mit einem simplen Spiel. Sie sollten einen Tennisball zehn Mal in einen drei Meter entfernten Eimer werfen.
Vorab hatten sie die Wahl: Sie konnten das Spiel entweder alleine durchziehen und eine Belohnung pro erfolgreichem Wurf kassieren. Oder sie entschieden sich für einen kleinen Konkurrenzkampf. Dann konnten sie pro Versuch zwar mehr gewinnen – aber nur, wenn sie besser abschnitten als ihr imaginärer Gegner. Schlugen sie sich schlechter, gingen sie leer aus.
Und siehe da: Die Entscheidung für oder gegen den kleinen Wettstreit war erheblich davon abhängig, wo die Männer arbeiteten. Die See-Fischer wählten zu knapp 46 Prozent den Wettkampf. Bei den Meer-Fischern war das nur zu 28 Prozent der Fall. Mehr noch: Je erfahrener die See-Fischer waren, desto eher wählten sie die Auseinandersetzung. Ihr Umfeld erhöhte demnach ihre Lust am Wettbewerb.
Offenbar beeinflussen die Arbeitsbedingungen das Konkurrenzdenken, resümiert Leibbrandt. In der individualistischen Gesellschaft der See-Fischer zwinge die Natur die Menschen dazu, alleine zu arbeiten. Die Folge: Sie sind deutlich kompetitiver. In der kollektivistischen Gesellschaft der Meeresfischer gilt das Gegenteil. Dort sind sie auf Zusammenarbeit angewiesen – und verlieren die Lust am Wettstreit.
Quelle:
Andreas Leibbrandt, Uri Gneezy und John List. Rise and fall of competitiveness in individualistic and collectivistic societies, Proceedings of the National Academy of Sciences
ein wenig stellt sich mir da die frage der kausalität. könnte es nicht auch sein, dass gerade die fischer, die von haus aus ein eher gering ausgeprägtes konkurrenzdenken haben, sich entschieden haben auf dem meer zu fischen und die anderen eben allein auf dem see?!