Feldstudie – Diskriminierung im Alltag

Diskriminierung ist leider immer noch alltäglich. Zu diesem Ergebnis kommt jetzt auch eine Feldstudie in Australien. Deren Fazit: Busfahrer nehmen weiße Fahrgäste doppelt so häufig ohne gültiges Ticket mit wie dunkelhäutige. 

Am 1. Dezember 1955 wurde Rosa Parks berühmt. Da weigerte sich die Afroamerikanerin, ihren Sitzplatz in einem Bus im US-Bundesstaat Alabama für einen weißen Fahrgast zu räumen. Der Busfahrer ließ sie daraufhin verhaften – der Anfang vom Ende der Rassentrennung in öffentlichen Verkehrsmitteln, und so etwas wie der Startschuss der Bewegung um Martin Luther King.

Knapp 60 Jahre ist Parks‘ Protest nun her. Aber die Diskriminierung im Alltag ist leider weiterhin alltäglich. Zu diesem Ergebnis kommen zumindest die beiden Wissenschaftler Redzo Mujcic und Paul Frijters von der Universität von Queensland in einer neuen Studie.

Für ein Feldexperiment in der australischen Stadt Brisbane gewannen sie 29 Freiwillige. Männer und Frauen, Weiße, Dunkelhäutige, Asiaten und Inder. Die bestiegen von Mai 2011 bis Juni 2012 an zufällig ausgewählten Haltestellen einen Linienbus – allerdings mit abgelaufenem Fahrausweis. Nun baten sie den Busfahrer darum, kostenlos einige Stationen mitfahren zu dürfen.

Der Fahrer konnte also selbst entscheiden, ob er dem Fahrgast den Gefallen tun oder sich lieber an die Regeln des Verkehrsunternehmens halten wollte. Was würde er tun? Um es kurz zu machen: Seine Reaktion war abhängig von der Hautfarbe der Passagiere.

Insgesamt waren die Fahrer ziemlich großzügig: In immerhin 65 Prozent aller Fälle gestatteten sie dem Gast die kostenlose Fahrt. Doch Weiße wurden zu 77 Prozent mitgenommen, Personen indischer Abstammung zu 51 Prozent. Und Schwarze nahmen die Fahrer nur zu 43 Prozent kostenlos mit.

Doch es gab noch einen weiteren Faktor, der die Entscheidung beeinflusste. Mal trugen die Freiwilligen nämlich schicke Bürokleidung und eine Aktentasche, mal eine Uniform der Armee. Und siehe da: In Bürokluft hatten die dunkelhäutigen Testpersonen beinahe die gleiche Erfolgsquote wie Weiße mit legerer Kleidung. Die Armeekleidung erhöhte die Erfolgschance der Schwarzen auf 77 Prozent, die der Weißen sogar auf 97 Prozent. Aber eines beobachteten die Wissenschaftler in jedem Versuchsszenario: Fahrgäste mit dunkler Hautfarbe wurden klar benachteiligt.

Wenig überraschend: Diese Diskriminierung wollte hinterher kaum jemand zugeben. Im Anschluss konfrontierten Mujcic und Frijters die Fahrer mit Fotos der Testpersonen. Jetzt gaben plötzlich etwa 86 Prozent an, den schwarzen Fahrgast im Zweifelsfall definitiv mitnehmen zu wollen. In der Realität waren es allerdings weniger als halb so viele.

Quelle:
Redzo Mujcic und Paul Frijters. Still Not Allowed on the Bus: It Matters If You’re Black or White! IZA Discussion Paper No. 7300

3 Kommentare

  1. Hallo,

    vielen Dank für die Bonusinfo.
    Bin immer noch Erschüttert über die Ergebnisse dieser Studie.
    Habe das Abends noch mit meiner Frau diskutiert und wir haben uns gefragt ob da eine Korrelation zu wirtschaftlichem Erfolg gibt.
    Wenn man sich die G8+5 Staaten anschaut stellt man ja fest, dass bei den G8 mit Ausnahme von Japan nur westliche Staaten vertreten sind. Im weiteren Kreis sind dann China, Indien und Südafrika zu finden. Wobei Südafrika mMn eigentlich eher zu den Schwellenländern zählt.
    Wir haben also 9 westliche („weisse“) Staaten, 2 aus Asien,1 Indien und Südafrika als Vertreter für Afrika. Ist es also so, dass je „rücksichtsloser“ und Erfolgreich eine Gesellschaft auf wirtschaftlichem Sektor ist, dass dann dabei einfach die soziale Kompetenz auf der Strecke bleibt? Ich neige dazu die Frage mit Ja zu beantworten.
    Passt auch zu der Wahrnehmung in der Arbeitswelt, wo wirtschaftliche Interessen immer höher Bewertet werden als der Mensch. Wir werden sehen wo uns dieses Verhalten hin führt.

  2. @Croaker: Zu den Busfahrern: 79% Weiße, 10% Asiaten, 6% Dunkelhäutig, 5% Indisch.
    Und: „White subjects are found to discriminate against each of the three minority groups; Asian subjects mainly discriminate against testers of Indian and black race; Indian subjects only discriminate against testers of black race; while black subjects do not discriminate against any of the four racial=ethnic groups.“

  3. Was mir fehlt, ist die Aussage über die Hautfarbe der Busfahrer und wie sich dann die Prozentwerte verschieben.
    Oder diskriminieren sich Nichtweiße untereinander auch und bevorzugen weiße Fahrgäste?

Hinterlasse einen Kommentar.

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert