Das Beste kommt zum Schluss – Darum schmeckt der letzte Bissen so gut

Bewahren Sie sich das Beste gerne bis zum Schluss auf? Kein Wunder. Laut einer neuen Studie sind Erlebnisse umso intensiver, wenn wir wissen, dass sie nicht wiederkommen.

Als Kind war ich ein Riesen-Fan der Fernsehserie „Alf“. Ich fand den Humor und die Schlagfertigkeit des braunhaarigen Außerirdischen einfach großartig. Nichtsdestotrotz hatte Alf einige seltsame Angewohnheiten: Seine Leibspeise waren Katzen, und der größte Liebesbeweis in einer Partnerschaft bestand für ihn darin, sich gegenseitig in die Suppe zu spucken und Bauchnabelflusen miteinander zu tauschen.

Doch es gab noch etwas, das den Außerirdischen von Erdenbürgern unterschied: Die Bewohner seines Planeten Melmac wussten auf den Tag genau, wann sie sterben würden.

Ich weiß noch genau, dass ich damals lange darüber nachgedacht habe, ob ich meinen Todestag gerne wissen würde, und ob diese Gewissheit mehr Vor- oder Nachteile hätte. Würde man bewusster leben? Erlebnisse stärken schätzen, Menschen besser behandeln? Oder vor allem seinen Todestag herbeizittern?

Tatsache ist: Von Abschieden geht eine enorme Faszination aus. Das zeigt sich nicht nur bei den ganz großen Lebensfragen, sondern auch in völlig banalen Alltagssituationen. Man denke nur an die letzte Seite eines guten Buchs oder den letzten Urlaubstag am Strand.

Schon frühere Studien konnten zeigen: Die Gewissheit, dass etwas zu Ende geht und niemals wiederkommt, verändert unsere Einstellung ganz erheblich. Erinnert man Schüler an das nahende Ende ihrer Schulzeit, wissen sie die Schule plötzlich mehr zu schätzen. Wer über einen Umzug nachdenkt, dem bedeuten Freunde auf einmal wesentlich mehr.

Mehr noch: Der Schlussakt kann sogar unser Geschmacksempfinden manipulieren. Das beweist eine neue Studie von Ed O’Brien und Phoebe Ellsworth von der Universität von Michigan. 52 Studenten sollten darin fünf Pralinen probieren, mit unterschiedlichen Geschmacksrichtungen: Vollmilch, Zartbitter, Sahne, Karamel und Mandel. Allerdings wurden die Probanden in zwei Gruppen unterteilt: Gruppe A erfuhr vor der fünften Praline, dass dies die letzte sei, die sie probieren würden. Gruppe B wusste das nicht.

Die Probanden sollten jede Schokolade auf einer Skala von 0 (pfui) bis 10 (lecker) bewerten, ihre Lieblingssorte auswählen und sagen, wie sie das Experiment insgesamt empfunden hatten. Und dabei zeigte sich: Das Wissen um die letzte Schokolade hatte enormen Einfluss auf die Bewertung. Zum einen gaben die Mitglieder von Gruppe A der fünften und letzten Schokolade eine Durchschnittsnote von 8,2 – Gruppe B bewertete sie nur mit 6,3 Punkten. Bei den anderen vier Sorten unterschieden sich die Noten so gut wie gar nicht. Zum anderen sagten 62 Prozent in Gruppe A, dass die fünfte Sorte ihre Lieblingssorte gewesen sei – bei Gruppe B waren es nur 22 Prozent. Und auch das Gesamtexperiment gefiel den Probanden von Gruppe A besser.

„Ein und dasselbe Erlebnis erleben wir intensiver, wenn wir wissen, dass es nicht wiederkommt“, resümiert O’Brien. Er nennt dieses Phänomen „positivity bias“. Vereinfacht gesagt: Wer sich bewusst ist, dass etwas bald vorbei ist, der will den letzten Moment erst recht genießen – um dadurch gewissermaßen sein persönliches Happy End zu erleben.

Apropos Happy End: Ein solches war meinem Kindheitsheld Alf leider nicht vergönnt. Beim Versuch, sich von seinen Freunden per Raumschiff abholen zu lassen, wurde er von den Behörden entdeckt und umzingelt. Das fand ich damals völlig bescheuert – vielleicht auch deshalb, weil mir nicht klar war, dass es die allerletzte Folge sein würde.

Quelle:
Ed O’Brien und Phoebe C. Ellsworth (2012). Saving the last for best: A positivity bias for end experiences. In: Psychological Science, Band 23, Nummer 2, Seite 163-165.

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