Boni-Frage: Brauchen Schüler finanzielle Anreize?

Bei Investmentbankern haben wir uns an Boni ja bereits gewöhnt. Das Time-Magazin fragt in seiner aktuellen Titelgeschichte: Brauchen schon Minderjährige finanzielle Anreize, um in der Schule Höchstleistungen zu erbringen? Sollten Eltern ihren Nachwuchs also mit Geld zu guten Noten motivieren?

Viele sehen Boni für Kinder kritisch – Lehrer finden, man solle sie nicht für etwas belohnen, was sie aus eigenem Antrieb leisten müssten. Psychologen warnen, dass die Anreize das genaue Gegenteil erreichen, nämlich schlechtere Schulnoten. Und Eltern befürchten, dass die Erziehung im Endeffekt zu weniger Disziplin führt – dann nämlich, wenn die Anreize eines Tages wegfallen.

Die Autorin des Artikels, Amanda Ripley, stellt sich jedoch vor allem eine Frage: Funktionieren Boni bei Kindern? Führt finanzielle Belohnung zu besseren Schulnoten? Um die Antwort vorwegzunehmen: Es kommt offenbar auf die Art des Anreizes an.

Ripley berichtet von einem ungewöhnlichen Experiment des Harvard-Ökonomen Roland Fryer. Er ließ 18.000 Schulkindern in vier amerikanischen Städten – Chicago, Dallas, Washington und New York – die Gesamtsumme von 6,3 Millionen US-Dollar zukommen. In jeder Stadt wählte Fryer ein anderes Anreizsystem. Manche Kinder bekamen Geld für gute Noten, andere für gutes Betragen im Unterricht.

Weder in Chicago noch in New York steigerte die finanzielle Belohnung die akademische Leistung der Kinder. In Washington, wo die Kinder Geld für regelmäßige Anwesenheit und gutes Benehmen bekamen, schnitten sie in Lesetests etwas besser ab. In Dallas jedoch war der Effekt ganz erheblich – offenbar aufgrund der Herangehensweise.

Jedes Mal, wenn die dortigen Zweitklässler ein Buch gelesen und Fragen zum Inhalt erfolgreich beantwortet hatten, bekamen sie zwei Dollar. Im Schnitt las jedes Kind sieben Bücher im Jahr. Ergebnis: Die Kinder erzielten am Ende des Schuljahres nicht nur in Lesetests höhere Punktzahlen – ihre Leistung blieb auch besser, nachdem das Experiment bereits vorüber war und sie kein Geld mehr bekamen.

Was meinen Sie? Sollten Kinder „bestochen“ werden, um gute Noten zu ergattern?

13 Kommentare

  1. @Daniel: Das war wohl missverständlich formuliert. Ich halte überhaupt nichts von Geld als Anreiz. „Wenn’s denn sein muss“, war mehr in diesem Sinne gemeint: Den Eltern fällt nichts anderes mehr ein und Sohn oder Tochter lässt sich auf ein Punkte-Geld-Modell ein.
    Aber wie gesagt, jedes Model sollte sich verselbständigen. Die beste Motivation ist selber zu erleben, dass der eigene Einsatz zum Erfolg führt. Und in diesem Sinne ist die Note 1 als Testergebnis der wohl größte Motivator. Sie verleiht Selbstbewusstsein („Ich kann das!“) und macht Lust auf mehr Lernen.

  2. @Hans: Interessant, danke. „Bestechung“ habe ich natürlich auch bewusst in Gänsefüßchen gesetzt.
    @Silke: Also geht es manchmal nicht ohne den Einsatz von Geld? Wann „muss“ es sein? Wenn die Einsen ausbleiben?

  3. Jedes System sollte dazu führen, dass die Kinder spüren, dass sie durch mehr „Training“ Erfolg in der Schule haben. Geld sollte- wenn’s denn sein muss, nur ein vorübergehender Anreiz sein (Und das funktioniert sogar- zeitweise) Wenn das Belohnungssystem gut ist, verselbständigt es sich irgendwann und ist überhaupt nicht mehr notwendig.

    Meine Erfahrung: Nichts kann ein Kind mehr beflügeln als eine EINS. Dann lernt es von ganz allein.

  4. Das kann ich nur bestätigen. Wir haben bei unseren Kindern das Online-Leseprogramm Antolin an finanzielle Anreize geknüpft. Ein Cent je Punkt. Das entspricht im Prinzip der Versuchsanordnung in Dallas. Beide Kinder haben sich seitdem zu echten Leseratten entwickelt. Und bei beiden ist ein Zusammenhang mit dem Anreizsystem völlig offensichtlich.

    Von „Bestechung“ würde ich dabei nicht reden. Die Kinder „erarbeiten“ sich ja das Geld, und zwar zusätzlich zu ihren schulischen Kernanforderungen. Und das freiwillig und mit zunehmendem Spaß am Lesen. Ich habe noch nie Geld besser investiert.

  5. Ich habe dazu schon vor einiger Zeit mal eine Umfrage auf Twitter gemacht. Der Tenor: lässt sich nicht ausmachen. Das ist nahezu eine religiöse Frage. Siehe Auswertung hier: karrierebibel.de/zeugnisgeld-–-sollten-kinder-mit-geld-belohnt-werden/

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