Ist Ihnen kürzlich etwas Peinliches passiert? Dann grämen Sie sich nicht weiter – denn laut einer neuen Studie wirken wir durch solche Missgeschicke auf andere noch sympathischer. Unter einer Bedingung.
Es soll Menschen geben, die ständig im sprichwörtlichen Fettnapf landen. Die sich morgens in der Bahn den Kaffee über das frisch gebügelte Hemd schütten, mittags in der Kantine ihr Tablett fallen lassen und abends das Cocktailglas in der Bar umkippen. Keine Frage, solche und andere Peinlichkeiten sind den Betroffenen meist sehr unangenehm – auch deswegen, weil sie befürchten, bei den anderen nun unten durch zu sein.
Glaubt man einer neuen Studie (.pdf), ist jedoch das genaue Gegenteil der Fall: Durch solche Missgeschicke wirken wir auf andere erst recht sympathisch – vorausgesetzt, wir stehen öffentlich zum Bad im Fettnapf. Etwa durch das übliche Rotwerden, Lächeln oder Kopfsenken. Zu diesem Fazit kommt ein amerikanisches Forscherteam um Matthew Feinberg von der Universität von Kalifornien in Berkeley.
Im ersten Experiment sollten 60 Studenten einen besonders peinlichen Moment aus ihrer Vergangenheit rekapitulieren, diese Geständnisse hielten die Wissenschaftler auf Video fest. Nun nahmen die Studenten am so genannten Diktatorspiel teil, mit dem man die Kooperationsbereitschaft und die Selbstlosigkeit testen kann. Die Probanden bekamen beispielsweise zehn Lose geschenkt und durften selbst entscheiden, wie viele sie behielten und wie viele sie mit einem Spielpartner teilten.
Als Feinberg und Co. das Spiel und die Videoaufzeichnungen auswertete, stellten sie fest: Je peinlicher die Geständnisse der Teilnehmer gewesen waren, desto mehr Tickets gaben sie hinterher freiwillig ab. Bei den folgenden vier Experimenten sah es ähnlich aus: Wer dazu neigte, mit peinlichen Erlebnissen offen umzugehen, verhielt sich großzügiger.
Mehr noch: Er wurde von anderen Personen auch durchweg vertrauenswürdiger und sympathischer eingeschätzt. Oder, wie es Psychologen ausdrücken: Seine Offenheit wirkte sich auf sein prosoziales Verhalten aus. Will sagen: Er dachte nicht nur an sich, sondern auch an das Wohlergehen von anderen.
Der US-Soziologe Erving Goffman dachte bereits in einer Studie im Jahr 1956 über peinliche Ereignisse nach. Er war der Meinung, dass Scham gewissermaßen eine soziale Funktion hat. Denn durch unseren Ausflug in den Fettnapf haben wir ja gegen Konventionen verstoßen (sonst wäre es uns nicht peinlich). Wenn wir dieses Schamgefühl nun öffentlich machen, signalisieren wir unseren Mitmenschen, dass wir uns für unser Vergehen rehabilitieren wollen. Denn wir wollen ja auch weiterhin zur Gemeinschaft gehören und nicht als einsamer Rüpel durch die Lande ziehen – und das macht uns bei anderen sympathisch.
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