Reines Gewissen – Sauberkeit beeinflusst unsere Einstellung

Hygiene sollte zu unserem Alltag gehören wie Essen und Schlafen. Doch eine Reihe von Studien zeigt, dass Sauberkeit noch eine andere Funktion erfüllt – sie beeinflusst unsere Einstellung.

Bereits im Mai 2010 fand Norbert Schwarz von der Uni Michigan heraus: Händewaschen erleichert das Gewissen. Es hilft dabei, Zweifel an einer getroffenen Entscheidung zu beseitigen. Wer sich die Hände gewaschen hat, ist gewissermaßen auch gedanklich mit sich im Reinen. Einige Monate ergab eine Untersuchung, dass saubere Hände unsere Moral beeinflussen. Teilnehmer, die sich zuvor ihre Hände gereinigt hatten, urteilten wesentlich strenger über moralische Vergehen.

Bei beiden Studien hatten sich die Teilnehmer die Hände tatsächlich vorher gewaschen. Erik Helzer, Psychologe der Cornell Universität, fand jetzt in einer neuen Studie (.pdf) heraus: Wir müssen uns die Hände gar nicht wirklich reinigen. Es reicht bereits ein Symbol für Sauberkeit – und schon ändern wir unsere Einstellung.

Im ersten Experiment füllten 53 Studenten einen Fragebogen im Flur eines Universitätsgebäudes aus. Darin ging es einerseits um ihr Alter und ihr Hauptfach, andererseits um ihre politischen Einstellungen in moralischen und sozialen Fragen. Anhand einer Skala von 1 bis 7 sollten sie angeben, ob sie eher konservativ oder liberal dachten.

Der Clou: Die eine Hälfte der Teilnehmer füllte den Fragebogen an der Wand des Gebäudes aus – genau dort hatte Helzer zuvor einen Kasten mit Desinfektionsmittel angebracht. Die andere Hälfte sah diesen beim Ausfüllen nicht. Kaum zu glauben: Die Anwesenheit des Desinfektionsmittel wirkte sich auf die Einstellungen aus. Jene Teilnehmer zeigten sich wesentlich konservativer.

In einer zweiten Studie konnte Helzer das Ergebnis replizieren. Hier sahen die Teilnehmer ein Schild, das sie an die Benutzung von Reinigungstuchern erinnerte. Bevor sie zu verschiedenen Themen Stellung nahmen, sollten sie sich damit die Hände putzen. Wieder zeigte sich: Die Hygiene machte die Probanden nicht nur konservativer, sie urteilten auch harscher und strenger über sexuelle Vergehen.

Erwischte Helzer womöglich die besonders konservativen Teilnehmer? Vielleicht. Dennoch deuten alle drei Studien auf einen Zusammenhang zwischen körperlicher Hygiene und unserer Einstellung.

Eine mögliche Erklärung: Sauberkeit und Hygiene erhöhen die Wachsamkeit vor Verschmutzung. Wer Desinfektionsmittel benutzt – oder nur damit konfrontiert wird – hat schlicht Angst, sich die Hände wieder dreckig zu machen. Und diese Sensibilität für Verschmutzung führt unterbewusst dazu, dass wir auch moralische Vergehen – im Sinne von „schmutzigem“ Verhalten, schärfer verurteilen.

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