Hängen Sie zu viel am Schreibtisch? Sitzen Sie zu oft auf dem Sofa? Und kommen Ihnen keine guten Ideen? Na dann: Raus an die frische Luft. Laut einer neuen Studie fördert ein Ausflug in die Natur die Kreativität.
Lust auf ein kleines Spielchen? Los gehts.
Welches Wort passt zu jedem dieser drei Begriffe: Humor, Pech, Nacht.
Na? Die richtige Antwort: „schwarz“.
Okay, noch ein Versuch. Welches Wort passt zu jedem dieser Begriffe: Hase, Wolke, Farbe.
Die richtige Antwort: weiß.
Diese Fragen stammen aus dem „Remote Associates Test“, was frei übersetzt so viel heißt wie „Wort-Assoziierungs-Test“. Den entwickelte der US-Psychologe Sarnoff Mednick bereits 1968. Doch noch heute wird er eingesetzt, um die Kreativität zu messen. Zum Beispiel in einer neuen Studie amerikanischer Psychologen.
David Strayer von der Universität von Utah teilte dafür 56 Erwachsene mit einem Durchschnittsalter von 28 in acht Gruppen. Dann schickte er sie auf einen mehrtägigen Wanderausflug in verschiedene US-Bundesstaaten. Einzige Bedingung: Die Teilnehmer mussten jegliche elektronischen Geräte zu Hause lassen. Ach ja, und alle mussten zehn Fragen aus dem „Remote Associates Test“ beantworten – aber an verschiedenen Zeitpunkten.
Die einen erledigten den Test, bevor sie zu der Rucksacktour aufbrachen. Die anderen holten das am vierten Tag des Ausflugs nach. Und siehe da: Die zweite Gruppe schlug sich wesentlich besser. Sie beantworteten im Schnitt sechs Fragen richtig, die andere nur vier – immerhin ein Unterschied von 50 Prozent.
„Wenn wir Zeit in der Natur verbringen, haben wir davon kognitive Vorteile“, resümiert Strayer. Oder vereinfacht gesagt: Wir haben den Kopf freier, können besser denken – und sind laut der Studie sogar messbar kreativer.
Strayer gibt selber zu, dass seine Studie einige Schwächen hat. Es bleibt unklar, ob nun allein die Natur die Kreativität fördert, der Verzicht auf elektronische Geräte oder auch die Kombination aus beidem. Aber mal ehrlich: So ein bisschen frische Luft hat noch niemandem geschadet.
Quelle:
Ruth Ann Atchley, David Strayer und Paul Atchley (2012). Creativity in the Wild: Improving Creative Reasoning through Immersion in Natural Settings. PLoS ONE, 7 (12): e51474
Interessant, wie wir Dinge neu entdecken, die eigentlich jedem Menschen von Natur aus klar sein müssten. Seitdem es Künstler gibt, ziehen sie sich in die Natur zurück um sich von ihr inspirieren lassen und Kreativität aus ihr zu schöpfen. Schade nur, dass es erst akzeptiert wird, wenn es eine Studie dazu gibt.
@Jens: Ach ja, das Problem der kleinen Stichprobe mal wieder. Du weißt ja sicher, dass viele Studien meist nur ein paar Dutzend bis maximal ein paar Hundert Probanden haben – dass das aber nicht automatisch heißt, dass die Ergebnisse nichts über uns alle aussagen.
Dass Kreativität ein unheimlich vielschichtiges Konstrukt ist – schon klar. Ich dachte eigentlich, dass in meinem Artikel zum Ausdruck kommt, dass man die Studie nicht zuuu ernst nehmen sollte.
Und zum „rabbit“: Hase oder Kaninchen – geschenkt, oder?
@ Daniel: Mir scheint das gesamte Testsetting reichlich konstruiert, sowie mit einer Testgruppe von 32 und einer Kontrollgruppe von 24 Personen schlicht statistisch nicht geeignet, um allgemein gültige Rückschlüsse daraus zu ziehen. Bei genauerer Betrachtung des Tests erweist sich überdies, dass dieser durchaus eine bestimmte regional-kulturelle Identität voraussetzt, um ihn erfolgreich bestehen zu können, siehe z. B. Begriffskombinationen wie Skunk Cabbage oder Spider Monkey. Der RAT versucht überdies, aus den puren Sprachkenntnissen des Probanden Rückschlüsse auf dessen gesamtkreative Leistungsfähigkeit zu ziehen, was ich nicht für legitim halte. Dieser Remote Associate Test disqualifiziert sich damit in meinen Augen als unwissenschaftlich und nicht nachweisgeeignet. Aber damit reiht er sich trefflich ein in die breite Phalanx der in den 60ern gerühmten Phalanx der Psychotests von Rorschach über Lüscher bis MMPI.
Übrigens: Das englische Wort rabbit bedeutet auf Deutsch Kaninchen (Oryctolagus).
@Birgit: Ja, das klingt esoterisch – aber einleuchtend 🙂
@Jens: Hier findest du 68 Fragen des Tests, aus dem ich die Beispiele entnommen habe. Und ich glaube nicht, dass kulturelle Unterschiede eine Rolle spielen. http://socrates.berkeley.edu/~kihlstrm/RATest.htm
Dazu noch ein Gedanke. Er ist zwar etwas esoterisch, leuchtet mir aber total ein:
Es geht uns in Natur so gut und der Kopf wird deshalb leer und frei, weil Bäume nicht denken können. Wir sind also weniger von den Gedankenschwingungen der vielen Menschen um uns umgeben, die uns sonst auf vielfältige Weise beeinflussen.
Abgesehen vom Sauerstoff ist das für mich die beste Erklärung für diesen Effekt.
Wir lernen daraus: Die Psychologie ist eine regionale Kunst. Vor den Hintergrund der Tatsache, dass die weit überwiegende Zahl der europäischen Arten der Familie der Leporidae im Gegensatz zu ihren amerikanischen Verwandten im Winter wie im Sommer kein weißes Fell tragen, erscheint eine Assoziation des Begriffs »Hase« mit dem Wort »weiß« hierzulande eher exotisch – sofern man sein Weltwissen nicht aus realitätsfernen Kinderbilderbüchern und per Kuscheltier bezieht. Merke: Ohne ein paar biologische Grundlagen ist auch die ganze Psychologie nix.