Alles aus Liebe – Warum wir Versprechen brechen

„Versprochen ist versprochen, und wird auch nicht gebrochen“ – den Spruch kennen schon Kinder. Aber warum fällt es uns als Erwachsenen so schwer, zu unseren Wörtern zu stehen? Eine Kölner Wissenschaftlerin hat es herausgefunden.

Was haben Sie Ihrem Herzblatt zuletzt versprochen? Öfter den Müll wegzubringen, mehr abzuwaschen, ordentlicher zu sein? Oder gleich alles auf einmal? Löblich – und gefährlich.

Wer solche Versprechen verbalisiert, der setzt sich sogleich selbst unter Zugzwang. Bricht er (oder sie) nämlich die Alltagsgelübde und fällt das dem Partner irgendwann auf – was erfahrungsgemäß eher wahrscheinlich ist -, steht er (oder sie) mindestens als Schummler da. Kommt das öfter vor, kann es sich je nach Tragweite der Versprechen (mehr Aufmerksamkeit schenken, weniger mit Fremden flirten) sogar auf die Beziehung auswirken.

Aber warum machen wir solche Versprechen überhaupt? Und warum brechen wir sie anschließend? Diesen Fragen ist die Psychologieprofessorin Johanna Peetz von der Uni Köln in einer neuen Studie nachgegangen, die in der Mai-Ausgabe des „Journal of Personality and Social Psychology“ veröffentlicht wird und die Peetz mir dankenswerterweise zur Verfügung gestellt hat.

„Only because I love you“ – so lautet der Titel der Arbeit. Gemeinsam mit Lara Kammrath von der kanadischen Wilfrid Laurier Universität zieht Peetz darin das Fazit: Wer in seiner Beziehung glücklich ist und dem Partner seine Zuneigung unbedingt zeigen will, der macht tendenziell mehr Versprechen – allerdings bricht er sie auch umso häufiger.

In zwei Experimenten sollten knapp 200 Personen zunächst Aussagen über ihre Beziehung machen und anschließend dem Partner mitteilen, was sie sich in den kommenden zwei Wochen vornehmen wollten, um ihn oder sie noch glücklicher zu machen. Mal war der Partner anwesend, mal schrieben die Versuchspersonen die guten Vorsätze in eine E-Mail.

Nach zwei Wochen wollte Peetz wissen, wie es um die To-Do-Liste bestellt war. Ernüchterndes Ergebnis: Im Schnitt hatten die Probanden 30 Prozent ihrer Versprechen einfach unter den Tisch fallen lassen – und zwar unabhängig davon, ob sie in der Beziehung glücklich waren oder ihren Partner eigentlich schon längst nicht mehr ertragen konnten.

Aber warum zeigten selbst die Rosa-Brillen-Träger so wenig Disziplin? Einen Grund dafür fand Peetz in den letzten beiden Experimenten. Um es vorwegzunehmen: Dass Liebende Versprechen brechen, sagt nicht zwangsläufig etwas über deren Gefühle aus – sondern mehr über deren eigene Persönlichkeit.

In den Folgeexperimenten stellte Peetz nämlich fest, dass vor allem zwei Aspekte darüber entschieden, wie viele der Versprechen die Liebenden einhielten und wie viele sie vergaßen. Einerseits wirkte sich der Charakterzug Gewissenhaftigkeit enorm auf die freiwillige Selbstverpflichtung aus. Wer sich selbst als besonders ordentlich, diszipliniert und verantwortungsvoll sah, hielt sich eher an seine Versprechen.

Andererseits scheint es offenbar hilfreich zu sein, einen genauen Plan auszuhecken, wie und wann man seine Versprechen einlösen kann – denn bei jenen Teilnehmern standen Wunsch und Wirklichkeit eher in einem gesunden Verhältnis. Wer hingegen über besonders positive Eigenschaften seines Partners berichten sollte, machte zwar umso mehr Versprechen – hielt diese aber seltener ein. Offenbar sorgte der Trip auf Wolke Sieben dafür, das sprichwörtlich Blaue vom Himmel zu versprechen – und den Boden der Realität aus den Augen zu verlieren.

Genug der Metaphern. Natürlich kann es süß und romantisch sein, dem Partner schöne Dinge in Aussicht zu stellen. Doch Peetz‘ Studie zeigt, dass wir trotz lauter Begeisterung über unsere Aufopferung nicht an Disziplin gewinnen – und unsere hochfliegenden Pläne nicht verwirklichen.

„Was alle Erfolgreichen miteinander verbindet“, sagte einmal der Management-Vordenker Peter Drucker, „ist die Fähigkeit, den Graben zwischen Entschluss und Ausführung äußerst schmal zu halten“. Die Studie von Johanna Peetz lehrt uns: Dieser Spruch gilt nicht nur für erfolgreiche Karrieren – sondern auch für erfolgreiche Beziehungen.

10 Kommentare

Hinterlasse einen Kommentar.

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert