Voll fair – Babys haben einen Sinn für Gerechtigkeit

Der Mensch ist gar nicht das egoistische Wesen, für das man ihn lange gehalten hat. Eine neue Studie zeigt: Schon im Alter von 15 Monaten haben Babys ein Gefühl für Fairness und Gerechtigkeit.

Zu diesem Ergebnis kommen Jessica Sommerville von der Universität von Washington in Seattle und Marco Schmidt vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig. Im ersten Teil ihrer Studie (.pdf) saßen 47 Babys im Alter von 14 bis 15 Monaten auf dem Schoß ihrer Eltern und schauten sich ein Video an. Darauf bekamen zwei Personen von einer dritten Person Milch oder Kekse ausgeteilt. Im ersten Film erhielten beide die gleiche Menge, im zweiten bekam einer wesentlich mehr als der andere. Will sagen: Einer wurde tendenziell ungerecht behandelt.

Sommerville und Schmidt verglichen, wie die Babys auf die unterschiedlichen Situationen reagierten. Ergebnis: Einige Kleinkinder schauten signifikant länger auf das Video der ungerechten Verteilung – vermutlich deshalb, weil sie eine gerechte Verteilung des Essens erwartet hatten und nun überrascht waren. Mit anderen Worten: Was sie da sahen, verstieß gegen ihr natürliches Gerechtigkeitsgefühl.

In einem zweiten Versuch gaben die Wissenschaftler den Kindern nun zwei Spielzeuge – wobei Sommerville und Schmidt folgerten, dass das erstgewählte Spielzeug auch das bevorzugte war. Jetzt fragte der Versuchsleiter die Kleinen, ob sie ihm eines der beiden Spielzeuge überlassen würden. Auch hier gab es erhebliche Unterschiede: Ein Drittel verschenkte sein Lieblingsspielzeug, ein weiteres Drittel das weniger bevorzugte, der Rest behielt beide lieber für sich.

Zum Abschluss verglichen die Forscher nun das Verhalten aus den beiden Versuchen. Und siehe da: Aus der Gruppe der Babys, die ihr Lieblingsspielzeug abgegeben hatten, waren 92 Prozent auch besonders überrascht gewesen, dass das Essen in dem Video nicht gerecht verteilt worden war. Ganz anders war es bei jenen, die nur ihr zweitliebstens Spielzeug hatten abgeben wollen – von ihnen guckten 86 Prozent länger auf die gerechte Essensverteilung.

Das Fazit der Forscher: Offenbar besteht schon bei 15 Monate alten Kindern eine Verbindung zwischen Fairness und Freigiebigkeit. Wo genau diese herkommt – ob sie vielleicht von den Eltern geerbt wird oder gewissermaßen antrainiert ist – bleibt jedoch unklar. Noch – denn das wollen Sommerville und Schmidt als nächstes untersuchen.

Quelle:
Marco F. H. Schmidt, Jessica A. Sommerville. Fairness Expectations and Altruistic Sharing in 15-Month-Old Human Infants. PLoS ONE, 2011; 6 (10)

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