Psychologie des Schenkens – Weniger ist mehr

Jedes Jahr dasselbe – kurz vor Weihnachten setzt die Hektik ein. Die Frage: Was soll man seinen Lieben bloß schenken? Eine neue Studie liefert eine Antwort. Demnach gilt beim Schenken: Weniger ist mehr.

Natürlich ist es die Geste, die zählt. Geben ist seliger als Nehmen, kleine Geschenke erhalten die Freundschaft. Stimmt ja auch, einerseits. Doch andererseits wollen wir unsere Partner, Eltern, Großeltern oder sonstige Freunde und Verwandte unter dem Weihnachtsbaum nicht enttäuschen – und begeben uns alljährlich wieder auf die Suche nach den richtigen Geschenken. Um die Menschen, die uns am wichtigsten sind, am heiligen Abend bloß glücklich zu machen.

Nicht wenige verfahren dabei nach dem Motto „Nicht kleckern, sondern klotzen“. Und so entscheiden sie sich lieber dafür, mindestens zwei Geschenke zu überreichen – dem großen Paket wird noch ein kleines Präsent hinzugefügt. Hauptsache, man gilt nicht als Geizkragen. Dabei wäre es viel sinnvoller, nur ein einziges Geschenk zu machen. So zumindest lautet das Fazit einer neuen Studie, die im kommenden Jahr im „Journal of Consumer Research“ veröffentlicht wird.

Kimberlee Weaver von der amerikanischen Universität Virginia Tech hat sich darin mit der Psychologie des Schenkens beschäftigt – und dabei durchaus überraschende Erkenntnisse gewonnen. In insgesamt sieben Experimenten widmete sie sich der Frage, wie der edle Spender und der Beschenkte ein Geschenk bewerten. Rein materiell, versteht sich.

In einer Studie ließ sie den einen Teil der Probanden ein Präsent kreieren. Dabei konnten sich die Freiwilligen entscheiden, ob sie „nur“ einen iPod Touch schenken oder zusätzlich noch einen Gutschein für einen kostenlosen Musik-Download hinzufügen wollten. Wenig überraschend: Fast alle entschieden sich für die zweite Variante. Vermutlich weil sie dachten, dass der Beschenkte sich darüber noch mehr freuen würde – mehr Geschenke, mehr Freude. Falsch gedacht.

Der andere Teil der Probanden sollte nun nämlich schätzen, wie viel Geld sie für die beiden Alternativen ausgeben würden. Und siehe da: iPod samt Musikdownload waren ihnen im Schnitt 176 US-Dollar wert – für den iPod allein hätten sie hingegen 242 Dollar bezahlt.

Zufall? Keinesfalls. In weiteren Experimenten reagierten die Teilnehmer ähnlich. In einem Versuch sollte der eine Teil die Rolle eines Hotelbesitzers einnehmen. Die meisten waren dafür, im Werbekatalog den tollen Pool und das Sternerestaurant anzupreisen – doch der Schuss ging nach hinten los. Die anderen Probanden sollten angeben, was sie für eine Übernachtung zahlen würden. Erfuhren sie von Pool und Restaurant, lag die durchschnittliche Zahlungsbereitschaft bei 92 Dollar. Lasen sie nur vom Pool, hätten sie 109 Dollar auf den Tisch gelegt.

Kimberlee Weaver nennt das Phänomen „Presenter’s Paradox“, was frei übersetzt soviel heißt wie „Geber-Widerspruch“. Und der funktioniert so: Wer jemandem etwas schenkt, glaubt fest an das alte „Je mehr, desto besser“-Motto. Er will dem Beschenkten etwas Gutes tun. Je mehr, desto besser. Doch dabei vergisst er die Perspektive des Beschenkten.

Der bewertet die Präsente nämlich aus einer Sichtweise. Er betrachtet die Geschenke sozusagen als Ganzes und ermittelt im Kopf eine Art Durchschnittswert. Um beim Beispiel vom MP3-Player zu bleiben: Wer „nur“ einen iPod geschenkt bekommt, freut sich über das wertvolle Gerät. Wer zusätzlich noch einen Musikdownload erhält – der ja weniger wert ist als der iPod – betrachtet nun gewissermaßen beide Präsdente aus der Vogelperspektive. Und somit entwertet das kleine Geschenk das große.

Weniger ist eben manchmal doch mehr.

Quelle:
Kimberlee Weaver, Stephen M. Garcia, Norbert Schwarz. The Presenter’s Paradox. Journal of Consumer Research, in press.

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