Der Kopf isst mit – Ablenkung schadet dem Geschmack

Wer beim Essen gleichzeitig etwas anderes erledigt, nimmt nicht nur mehr zu sich. Laut einer neuen Studie schadet Ablenkung auch dem Geschmack.

Keine Frage: Es kann herrlich sein, vor dem Fernseher zu fläzen und Chips in sich reinzustopfen. Dass die Packung dabei jedes Mal leer wird, nimmt man in Kauf.

Ebenso wie gelegentliches Essen unterwegs. Ein Müsliriegel morgens, ein Brötchen in der Mittagspause.

Doch egal ob wir mit Naschzeug entspannen oder die knappe Zeit nutzen wollen, allen Situationen gemein ist: Wir konzentrieren uns nicht wirklich aufs Essen – sondern mampfen eher so nebenbei.

Man kann sich schon denken, dass das keine so richtig gute Idee ist. Der US-Forscher Elliott Blass konnte bereits in einer Untersuchung im Jahr 2006 zeigen: Wer beim Essen Fernsehen guckt oder Musik hört, isst tatsächlich mehr. Doch mehr noch: Offenbar beeinflusst Ablenkung beim Essen auch unsere Geschmacksnerven.

So lautet das Fazit einer neuen Studie der niederländischen Psychologinnen Reine van der Wal (Radboud Universität, Nimwegen) und Lotte van Dillen (Universität Leiden): „Wenn die Aufmerksamkeit begrenzt ist, muss die Konzentration der Geschmacksstoffe erhöht werden – damit wir ein ähnliches Geschmackserlebnis haben.“

In vier Experimenten teilten sie ihre Probanden jeweils in zwei Gruppen. Die einen sollten sich entweder eine siebenstellige Zahl merken, sie hatten also durchaus eine gewisse geistige Belastung. Die anderen sollten sich nur eine einstellige Zahl merken – das schafft man ohne größere Anstrengung.

Nun konfrontierten die beiden Forscherinnen die Teilnehmer mit verschiedenen Getränken. Mal sollten sie Wasser trinken, das entweder viel oder wenig Zitronensäure enthielt. Mal befand sich darin viel oder wenig süßes Granatapfelsirup. Dann sollten sie bewerten, wie sauer beziehungsweise süß sie die Getränke empfunden hatten.

Jene Probanden, die sich eine siebenstellige Zahl merken mussten, empfanden die Getränke als weniger geschmacksintensiv. Der Zitronensaft kam ihnen nun gar nicht so sauer vor, der Granatapfelsirup nicht so süß.

Im dritten Experiment bekamen die Freiwilligen salzige Kekse gereicht. Sie durften selbst entscheiden, wie viele sie davon verputzten. Und siehe da, jetzt fanden jene Teilnehmer mit siebenstelliger Zahl die Kekse nicht nur weniger salzig. Sie aßen auch wesentlich mehr davon.

Offenbar spielt die Aufmerksamkeit eine wesentliche Rolle dabei, wie wir Lebensmittel wahrnehmen. Das wirkt sich auch auf unsere Sinne aus – und letztlich auch auf unseren Appetit. Das viel zitierte Multitasking manipuliert die Geschmacksnerven.

Der Rat der beiden Psychologinnen: „Widmen Sie der Mahlzeit Ihre volle Aufmerksamkeit – andernfalls hinterlässt das Essen nur einen faden Geschmack.“

Quelle:
Reine van der Wal und Lotte van Dillen (2013). Leaving a Flat Taste in Your Mouth: Task Load Reduces Taste Perception

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