Lehr-Reich – 10 psychologische Fakten über die Schule

Wie Schüler sich für Hausaufgaben motivieren lassen, was das Elternhaus mit Selbstdisziplin zu tun hat und warum sich Rotstifte auf die Bewertungen von Lehrern auswirken – zehn psychologische Erkenntnisse rund um das Thema Schule.

1. Schüler lassen sich für Hausaufgaben motivieren: Hausaufgaben, pfui bah. Kein Kind macht sie gerne – oder etwa doch? Mesmin Destina und Daphna Oyserman von der Universität von Michigan liefern in einer aktuellen Studie zumindest einen Ratschlag, wie Eltern die Motivation ihrer Kinder steigern können. Zunächst befragten die Forscher 266 Fünft- bis Achtklässler nach ihrem Traumjob. Zwar erwarteten nur 46 Prozent aller Befragten, später einen Beruf auszuüben, für den eine gute Ausbildung wichtig ist – aber genau diese 46 Prozent investierten am meisten Zeit in ihre Hausaufgaben und hatten auch die besten Noten. In einem zweiten Test verteilten Destina und Oyserman 295 Schüler in zwei Gruppen. Die eine bekam einen Vortrag über den Zusammenhang von intensivem Lernen und erfolgreichen Berufen, die andere erfuhr etwas über die hohen Einkommen von Sportlern, Musikern und Schauspielern. Nach den Vorträgen wurde beiden Gruppen die Möglichkeit gegeben, Pluspunkte für das laufende Schuljahr sammeln, wenn sie eine freiwillige Extra-Hausaufgabe übernahmen. Resultat: Von der ersten Gruppe entschieden sich achtmal mehr Schüler für die Zusatzarbeit.

2. Größere Gruppen verschlechtern die Prüfungsleistungen: Konkurrenz soll ja angeblich das Geschäft beleben. Bei einer Prüfung gilt allerdings das genaue Gegenteil – zumindest wenn man einer Studie (.pdf) aus dem Jahr 2009 glaubt. Avishalom Tor von der Universität von Haifa und Stephen Garcia von der Universität von Michigan in Ann Arbor werteten Hunderte der so genannten SAT-Tests aus, mit dem sich amerikanische Schüler um Studienplätze bewerben. Verblüffend: Je kleiner die Prüfungsgruppen, desto besser schnitten die Teilnehmer ab. In einem Experiment fanden Tor und Garcia heraus: Der Effekt tritt selbst dann auf, wenn für die Probanden nichts auf dem Spiel steht.

3. Selbstdisziplin ist wichtiger als Intelligenz: Zu diesem Ergebnis kamen die beiden US-Psychologen Angela Duckworth und Martin Seligman von der Universität von Pennsylvania im Jahr 2005. Für ihre Studie (.pdf) beobachteten sie 140 Kinder mit einem Durchschnittsalter von 13 von Beginn des Schuljahrs an. Im Herbst machten sowohl die Kinder als auch deren Eltern und Lehrer Angaben über ihre Selbstdisziplin – etwa wie gut sie Regeln befolgten oder wie sehr sie ihre Gefühle im Griff hatten. Und siehe da: Das Ausmaß der Selbstdisziplin sagte voraus, wie gut die Noten der Kinder am Ende des Schuljahres waren – und zwar zuverlässiger als ihr Intelligenzquotient.

4. Scheidungskinder haben weniger Ausdauer: Apropos Selbstdisziplin. Offenbar wird diese Eigenschaft auch durch das Elternhaus geprägt, resümierten Psychologen um Karen Rudolph von der Universität Illinois im Jahr 2001. Für ihre Studie befragten die Wissenschaftler über 1000 Schüler im Alter von zehn bis zwölf einerseits zu ihren schulischen Leistungen und dem Verhältnis zu ihren Mitschülern, andererseits zu ihrem Elternhaus. Ergebnis: Kinder, deren Eltern getrennt leben oder geschieden sind, zeigten in der Schule am wenigsten Ausdauer.

5. Lehrer beeinflussen unser Sprachgefühl: Zweisprachige Kinder nutzen beim Kopfrechnen vor allem die Sprache ihres ehemaligen Mathelehrers. Zu diesem Ergebnis kam die US-Psychologin Jyontsna Vaid von der A&M-Universität in Texas im Jahr 2001. Für ihre Studie befragte sie über 500 zweisprachige Studenten, in welcher Sprache sie rechnen. Dabei fand sie heraus, dass die Sprache des einstigen Lehrers den größten Einfluss hatte.

6. Klassenjüngste entwickeln eher psychische Störungen: Es ist ja nichts dagegen einzuwenden, wenn Schüler früh mit der Schule fertig sind – allerdings birgt das Nesthäkchen-Dasein auch Nachteile. Wie Forscher um Robert Goodman vom Kings-College in London in einer Studie im Jahr 2003 herausfanden, leiden jüngere Schüler einer Klasse häufiger an psychischen Problemen. Goodman befragte gemeinsam mit Kollegen über 10.000 Kinder sowie deren Lehrer und Eltern – die Psyche der jüngsten Kinder war wesentlich häufiger angeschlagen als die der ältesten.

7. Tätowierte Lehrkräfte steigern die Motivation: David Wiseman vom Brookdale Community College in New Jersey zeigte in einer Studie in diesem Jahr 128 Studenten Fotos verschiedener Frauen, die er als Hochschuldozentinnen ausgab. Einige von ihnen waren tätowiert, andere nicht. Wie sich die Körperbemalungen auf die Studenten auswirkte? Besser als gedacht: Bei den tätowierten Dozentinnen zeigten sich die Befragten nicht nur motivierter und phantasievoller – sie empfahlen die Dozentin auch mit höherer Wahrscheinlichkeit weiter.

8. Aussehen verhilft zu besseren Noten: Für seine Studie analysierte Michael French von der Universität von Miami im Jahr 2009, ob sich äußerliche Merkmale auf den Notendurchschnitt amerikanischer Schüler auswirken. Gutes Aussehen allein ist demnach kein sicheres Indiz für gute Noten – wohl aber ein gepflegtes Äußeres inklusive einer gepflegten Frisur.

9. Beliebte Schüler haben höhere Einkommen: Waren Sie früher in der Schule beliebt? Verdienen Sie heute gutes Geld? Was das eine mit dem anderen zu tun hat? Laut einer Langzeitstudie (.pdf) eines Forscherteams um Gabriella Conti von der Universität von Chicago eine ganze Menge. 35 Jahre lang wurden 10.000 US-Studenten verfolgt. Fazit: Wer in der Schule die meisten Freunde hatte, verdiente im späteren Leben am meisten. Jede zusätzliche Freundschaft schlug sich 35 Jahre später in zwei Prozent mehr Gehalt nieder.

10. Rotstifte machen Lehrer strenger: Lehrer korrigieren Klausuren traditionell mit roter Farbe. Wie sehr sich dieser Brauch bereits in den Köpfen festgesetzt hat, zeigt ein Experiment (.pdf) von Abraham Rutchick von der California State Universität aus diesem Jahr. 133 Freiwillige erklärten sich bereit, zwei Absätze eines Essays zu korrigieren, das von Fehlern nur so wimmelte. Die Teilnehmer sollten jegliche Fehler markieren, wobei Rutchick ihnen entweder einen Stift mit roter oder blauer Farbe gab. Und siehe da: Wer einen Rotstift benutzte, fand im Schnitt 24 Fehler – fünf mehr als diejenigen mit blauen Stiften.

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