Falsche Erwartungen – Der Weltuntergang ist ausgeblieben

Der angekündigte Weltuntergang ist gestern ausgeblieben. Doch wie geht jemand, der sich tatsächlich darauf eingestellt hat, mit so einer Nachricht um? Genau das erforschte ein berühmter US-Psychologe bereits in den Fünfzigerjahren.

Harold Camping lag falsch. Der 89-Jährige, hauptberuflich Prediger, nebenberuflich Prophet, war der festen Überzeugung, dass genau am 21. Mai der Tag des jüngsten Gerichts kommen werde. Heute lässt sich jedoch mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit sagen, dass der Weltuntergang ausgeblieben ist.

Auch wenn es manche erstaunt: Camping fand mit seiner düsteren Prognose tatsächlich Anhänger. Beispielsweise die Familie Haddad, die in der „New York Times“ von ihren endzeitlichen Vorbereitungen erzählte. Oder Robert Fitzpatrick, der laut einem Bericht der Financial Times Deutschland 140.000 Dollar in eine Werbekampagne zur Ankündigung der Apokalypse steckte.

Die Frage ist: Wie geht es Menschen wie den Haddads oder Fitzpatrick heute, wenn sie feststellen, dass sie einer falschen Prognose erlegen sind? Vermutlich werden sie die Tatsachen so verdrehen, dass sie wieder ins Bild passen. Eine typische Form kognitiver Dissonanz.

Zurück geht dieses Verhaltensmuster auf den US-Sozialpsychologen Leon Festinger. Er beschäftigte sich Anfang der Fünfzigerjahre mit einer skurrilen amerikanischen Sekte. Deren Anführerin Dorothy Martin behauptete nicht nur, Nachrichten von Außerirdischen zu empfangen. Eine gewisse „Sananda“ vom Planeten Clarion habe ihr außerdem ziemlich exklusiv verraten, dass eine gewaltige Flut schon bald alle Erdenbewohner töten würde – natürlich mit Ausnahme von Martins Sektenanhänger. Die nämlich würden der Apokalypse gemeinsam entkommen – auf fliegenden Untertassen.

Noch kurioser war allerdings die Tatsache, dass sie tatsächlich einige Anhänger um sich scharte. Zusammen beteten und meditierten alle zusammen, und warteten auf den Weltuntergang. Und warteten. Und warteten. Vergeblich. Die Welt wollte partout nicht untergehen.

Ob die Mitglieder nun an ihrem weiblichen Guru zweifelten und Dorothy Martin für verrückt erklärten? Von wegen. Als der jüngste Tag ausblieb, schwenkten die Sektenmitglieder kurzerhand um: Sie behaupteten, erst durch die gemeinsamen Gebete sei der Weltuntergang verhindert worden.

Leon Festinger, der sich zum Schein als Sektenmitglied ausgegeben hatte, nannte dieses Phänomen kognitive Dissonanz. Vereinfacht gesagt gab es ein Missverhältnis zwischen den Erwartungen der Sekte und den tatsächlichen Ereignissen – und solch ein krasser Widerspruch ist kaum zu ertragen. Da die Sektierer von ihrer eigenen Meinung nicht abrücken wollten, versuchten sie nun, auch andere Menschen von der Kraft ihrer Gebete zu überzeugen.

Diese Denkweise hat auch Einzug in einen Witz gehalten: Ein Mann sitzt auf einer Bank und klatscht alle paar Sekunden lang in die Hände. „Warum tun Sie das?“, fragt ihn ein Passant. „Ich vertreibe Elefanten!“, antwortet der Mann. „Aber hier gibt es doch gar keine Elefanten“, sagt der Passant. Darauf der Mann: „Sehen Sie, das Klatschen wirkt.“

Doch abgesehen von Anekdoten und Scherzen haben Weltuntergangsszenarien durchaus auch einen ernsten Hintergrund. Die Frage ist doch: Was würden Sie als allerletztes tun wollen, bevor die Welt untergeht? Genau das fragte ich gestern via Twitter und auf meiner Facebook-Seite. Hier die schönsten Antworten:

@Buchkolumne: Meine Liebsten umarmen!

@bstackelberg: Champagner trinken, meine Liebsten um mich haben oder nochmal anrufen, danken, beten.

@BOP_Personal: Spaß haben ohne Ende und ohne Tabus… :-)))

@joerg78: Familie zusammentrommeln und gemeinsam auf den Weltuntergang warten…

@elisabeth_lutz: Lachen 🙂

Steffi: Einatmen.

Christian: Austrinken.

Alexander: Hund gassi führen…

Gunnar: Den Spaß angucken! So eine Chance, glaube ich, bekommt man nicht zweimal.

Andreas: Telefonieren und vielleicht beten – man weiß ja nie 😉

Andreas: Den Wecker ausschalten.

Sie sehen schon, eine durchaus bunte Mischung. Ich persönlich würde mich übrigens für eine Reise ans Meer entscheiden. Glaubt man Prediger Harold Camping, haben wir für unsere letzten Wünsche allerdings nur noch bis zum 21. Oktober Zeit. Dann nämlich soll die Welt endgültig zerstört werden. Schaun mer mal.

14 Kommentare

  1. Die Meisterschaft im Endzeit-Humbug haben Zeugen Jehovas, die predigen seit 145 Jahren und mehreren Generationen das Ende – Harmagedon – stehe unmittelbar bevor. Obwohl sich dies inzwischen als nicht mehr zu überbietender Schwachsinn erweisen hat, gibt es immer wieder dumm-naive Tölpel, die auf diesen Quatsch herein fallen.

  2. Dasselbe ist beim frühen Christentum passiert. Die Vorstellung vom Leben nach dem Tod in einer jnjenseitigen Sphäre entstand, nachdem die Toten einfach nicht wiederauferstehen wollten aus ihren Gräbern nach Jesu Himmelfahrt. Man schwenkte um auf die Auferstehung im Jenseits. Kognitive Dissonanz.

  3. „Sie befragen dich nach der Stunde, wann sie wohl eintreten werde. Sprich: ‚Das Wissen darum ist bei meinem Herrn. Keiner als er kann die Stunde zu ihrer Zeit bekanntgeben. Schwer lastet sie in den Himmeln und auf der Erde. Sie soll über euch nur plötzlich hereinbrechen.‘ Sie befragen dich, als ob du von ihr genaue Kenntnis besäßest. Sprich: ‚Das Wissen darum ist bei meinem Herrn; doch die meisten Menschen wissen es nicht.‘

    Sura Al-Araf , Aya 187

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