10 psychologische Fakten über Narzissmus

„Der sehr narzisstische Mensch hat eine unsichtbare Mauer um sich erstellt“, wusste schon der deutsche Psychoanalytiker Erich Fromm. „Er ist alles, die Welt ist nichts – oder vielmehr: Er ist die Welt.“ Hier zehn weitere Erkenntnisse über Narzissmus.

Die Menschen werden narzisstischer: Manche Leute behaupten ja immer, das früher alles besser war. Glaubt man Jean Twenge von der San Diego State Universität, waren die Menschen früher zumindest weniger narzisstisch. Für eine Studie wertete sie die Ergebnisse des „Narcissistic Personality Inventory“ (NPI) aus den Jahren 1982 bis 2006 aus – der NPI ist ein weit verbreiteter Selbsttest, mit dem jeder seine narzisstischen Neigungen testen kann. Dabei fand Twenge heraus, dass fast zwei Drittel der heutigen Studenten narzisstischer sind als frühere Generationen.

Narzissten sind zunächst beliebt: Niemand mag Menschen, die vor allem sich selbst lieben. Oder etwa doch? Es kommt auf die Umstände an, meint Mitja Back von der Universität Leipzig. Für seine Studie in diesem Jahr gewann er 73 Psychologiestudenten. Jeder der Teilnehmer sollte sich zunächst den anderen vorstellen, direkt im Anschluss wurde er von der Gruppe beurteilt. Dabei fand Back heraus: Diejenigen, die besonders narzisstisch waren, bekamen die höchsten Punktzahlen. Ihr selbstbewusstes Auftreten war den Kommilitonen demnach also alles andere als unsympathisch – beim ersten Kennenlernen schindeten die Narzissten besonders viel Eindruck.

Narzissten reden viel und derb: Narzissten verraten sich nicht nur durch ihre übertriebene Selbstliebe, wie Nicholas Holtzman von der Washington Universität in St. Louis 2007 in einer Studie resümierte. Zunächst nutzte er den oben beschriebenen NPI, um Narzissten als Teilnehmer zu gewinnen. Die bekamen dann von ihm einen digitalen Audiorecorder, der über einen Zeitraum von vier Tagen alle zwölf Minuten ansprang und 30 Sekunden lang sämtliche Laute aufzeichnete. Die Probanden konnten jedoch nicht erkennen, wann das Gerät sich anschaltete. Danach wertete Holtzman die Aufnahmen aus, um zu sehen, wie die Narzissten sich ausdrückten. Ergebnis: Zum einen redeten sie sehr viel und hielten sich häufig in Gruppen auf. Außerdem benutzten sie häufig Schimpfwörter.

Narzissten sind attraktiver: Narzissten finden sich selbst meist irre attraktiv. Zu Recht – das jedenfalls legt eine Studie von Nicholas Holtzman und Michael Strube von der Washington Universität aus diesem Jahr nahe. Die Wissenschaftler analysierten verschiedene Untersuchungen zum Zusammenhang zwischen Charaktereigenschaften und der Attraktivität einer Person. Dabei bemerkten sie: Narzisstische Personen wurden von anderen stets attraktiver beurteilt.

Facebook-Profile verraten Narzissmus: Falls Sie herausfinden wollen, ob ihre Freunde und Bekannten narzisstisch sind – schauen Sie doch mal auf deren Facebook-Profil. Das zumindest empfiehlt Laura Buffardi von der Universität von Georgia. In einer Studie im Jahr 2008 sollten 130 Facebook-Nutzer Angaben zu ihrer Person machen. Freiwillige betrachteten dann die Profilseiten der Nutzer und gaben ein Urteil über deren Persönlichkeit ab. Siehe da: Nicht nur, dass Narzissten sich auf Facebook besonders eitel selbst vermarkteten – dies wurde von den unabhängigen Betrachtern auch als narzisstisch empfunden.

Narzissten werden eher Chefs: Es ist unklar, was genau jemanden für eine Führungsposition qualifiziert – aber Narzissmus kann nicht schaden, meinte ein Forscherteam um Amy Brunell von der Ohio State Universität im Jahr 2008. Für eine Studie bestimmte sie in verschiedenen Tests zunächst die Charaktereigenschaften von 432 Studenten. Dann teilten sie die Freiwilligen in Vierergruppen ein und gaben ihnen eine Aufgabe: Sie sollten sich vorstellen, dass sie zu viert den nächsten Vorsitzenden einer Studentenvereinigung wählen sollten. Jeder bekam das Profil eines anderen Kandidaten, den er in das Amt heben sollte. Am Ende der Diskussion sollten sie den nächsten Chef wählen. Ergebnis: Narzisstische Studenten waren meist die treibende Kraft der Gesprächsrunde und wurden von den anderen auch als natürliche Anführer wahr genommen.

Promis sind besonders narzisstisch: Der bekannte US-Psychiater Drew Pinsky von der Keck School of Medicine unterzog für eine Studie im Jahr 2006 200 Prominente aus der Unterhaltungsbranche dem NPI. Wenig überraschend: Die Promis waren weit narzisstischer als die „normale“ Bevölkerung. Pinsky konnte noch ein weiteres Klischee bestätigen: Promis aus dem Reality-TV erreichten die höchsten Werte. Dahinter: Comedians, Schauspieler, Musiker.

Narzissten finden sich wirklich großartig: Nun könnte man ja meinen: Narzissten sind bestimmt gar nicht so – tief in ihrem Inneren sind auch sie von Zweifeln geplagt. Denkste. Wie Wissenschaftler um Keith Campbell von der Universität von Georgia in einer Studie 2007 zeigen konnten, finden sich Narzissten wirklich großartig. Die Forscher griffen in ihrem Experiment auf den impliziten Assoziationstest zurück. Dabei sollen die Testpersonen am Computer verschiedene Begriffe bestimmten Kategorien zuordnen. Dahinter steckt der Gedanke, dass die Geschwindigkeit, mit der jemand die Aufgabe erledigt, auf seine persönlichen Präferenzen schließen lässt. Dabei zeigte sich: Narzisstisch veranlagte Probanden reagierten bei Wörtern der Selbstbestimmtheit am schnellsten – was darauf schließen lässt, dass ihr ausgereiftes Selbstbewusstsein tatsächlich tief in ihnen verankert ist.

Narzissten sind kritikresistent: Richard Gramzow und June Tangney von der George Mason Universität gewannen für eine Studie im Jahr 1992 215 Studenten als Freiwillige. Sie wollten untersuchen, wie die verschiedenen Charaktere auf Kritik reagierten. Kein Wunder: Narzisstische Personen reagierten selbst auf konstruktive Kritik mit Wut und Schamgefühlen.

Narzissmus ist Gift für eine ernste Beziehung: Kann jemand, der vor allem sich selbst liebt, auch noch jemand anderen lieben? Jein, resümierte Keith Campbell im Jahr 2002. Für seine Studie lösten Dutzende von narzisstischen Teilnehmern verschiedene Aufgaben lösen und erzählten ihm von Erfahrungen mit ehemaligen und aktuellen Partnern. Dabei stellte Campbell fest: Zwar gingen Narzissten durchaus ernste Beziehungen ein. Allerdings beschränkten sie sich dabei meist darauf, diese eher spielerisch zu sehen – inklusive Bindungsängsten und Untreue.

32 Kommentare

  1. Natürlich haben Menschen mit einer narzisstischen Störung auch etwas Empathisches, aber manchmal ist das echt schlimm. Warum ist es nichtmal okay falsch zu liegen, sich einen Fehler einzugestehen und den Menschen in Ruhe zu lassen… erstmal zumindest. Das ist doch auch nicht auf Dauer. Wenn sich ein Narzisst bei mir ehrlich entschuldigen würde, dann würde ich es annehmen. Das beinhaltet natürlich auch ein verändertes Verhalten in Zukunft. Ich bin jetzt 31 Jahre alt und ich muss tragischerweise feststellen, dass sich meine familiären Mitbewohner noch nie bei mir entschuldigt haben.

    Ich denke immer noch dass alles gut wird und ich weiß wirklich nicht woher ich diesen Optimismus nehme… (Wobei mein Fokus stark nach außen gerichtet ist)

  2. Ja, die Texte hier sind flüssig geschrieben. Kompliment!

    Ein „Wissen“ um den „Narzissmus“ würde aus meiner Sicht jedoch erfordern, sich mit dem Begriff selbst und seiner Geschichte sowie den zum Teil lnegativen Auswirkungen seines Gebrauchs zu beschäftigen. Auch eine Beschäftigung mit dem zugrunde liegenden Mythos ist sinnvoll. Wie kommt es, dass in Wikipedia ein Fake-Mythos geschaffen werden konnte, der 15 Jahre lang Bestand hatte und inzwischen in zahlreiche Fachbücher eingeflossen ist?

    Mehr dazu unter https://narzissmus-diskussion.de.

    Freue mich über Rückmeldung.

  3. Als Betroffene beschäftige ich mich seit einigen Jahren mit Narzissmus und recherchierte viel und
    gründlich.
    Ich stele seit geraumer Zeit fest, dass sich die Beiträge und Webseiten seither massiv
    vermehrt haben.
    Die Thematik in der Gesellschaft, in Beziehungen und zwischen Eltern und Kindern, in der Politik, in der Wirtschaft…..
    …….die Thematik ist vorhanden, unübersehbar.
    Diesen Beitrag finde ich gut.

    Es ist noch viel Aufklärung nötig. Ich habe hunderte Beiträge von Opfern, meist Frauen gelesen
    im Netz, die allesamt einen gleichen Velauf berichten – sehr oft liest man „das könnte meine Geschichte sein!“…
    Es berichten SpiegelOnline, FOCUS, Apothekenumschau, Tagblatt, BILD, Die Welt und viele bekannte Medien regelmässig.
    Amerika ist uns weit voraus.
    Es gibt sogar schon einen offentlich anerkannten Aufklärungstag

    World Narcissistic Abuse Awareness Day

    Dies hier mit amerikanischen „Botschaftern“ zu starten im Juni war geplant aber durch zu viel
    Aufwand, auch technisch unterlassen.
    Schade, es ist noch viel Aufklärung nötig

    1. Juni 2017 ist Welttag für das Bewusstsein narzisstischen
    Missbrauchs

    Ich habe als Betroffene die Hölle durchlebt und viel verloren – bis zu einer Immobilie

    Ich werde selber aktiv, plane eine Webseite, ev. ein Buch, möchte Opfer beraten weil ich fachlichen Hintergrund habe beruflich und mich jahrelang duch die Thematik gelesen habe.

    Leider gibt es bis heute keinen greifbaren Paragraphen für Emotionale Gewalt
    Da darf sich noch viel tun….

    In diesem Sine

  4. Mein Eindruck ist ehrlich gesagt der, dass es fast nur Narzissten gibt. Jeder glaubt was Besseres zu sein. Es wird über andere getratscht, um sich selbst aufzuwerten. Überall gibt es nur noch Konkurrenzdruck. Alles läuft über „Beziehungen“. Tiefe Gesprãche gibt es nicht, nur oberflächliche, Spaßgesellschaft halt.

  5. Ich habe selber Verwandte die Narzissten sind. Ich kann nur eins sagen. Habt am besten so wenig Kontakt wie möglich mit Narzissten! Wenn Sie nicht kriegen was sie wollen, dann denken die sich gemeine dinge aus, machen dich schlecht vor Freunden usw… echt schlimm sowas… ich glaube Narzissten können keine Kritik ab!

  6. Natürlich sollte man sich selbst lieben, sofern dies allerdings das normale Maß übersteigt, wird es krankhaft. Narzissten geiseln sich mit ihrer übersteigerten Selbstliebe praktisch selbst. Das ist nicht nur für sie selbst problematisch, sondern auch für ihre Mitmenschen, ob beruflich oder privat.

    Narzissten lieben nur, um selbst geliebt zu werden. Sie sind die klassischen Nehmer und mit Sicherheit keine Geber in einer Partnerschaft. Das kann in einer Beziehung die Treue fordert, Probleme geben, denn ein Narzisst ist kaum zur Empathie fähig und benötigt überdies ständige Bestätigung. Ist ein Narzisst somit z.B. automatisch zum Fremdgehen verdammt? Hierzu gibt es fundierte Expertenmeinungen: http://www.seitensprung-fibel.de/expertenrat/untreue/sind-narzissten-untreuer.php

  7. Hat ausserordentlich gut funktioniert, Google und der Narzissmus mögen sich! Viele Grüße,
    Florian

  8. Narzissten sind erbärmliche Leute, die als Kinder entweder ignoriert oder verwöhnt wurden. Die sog. Narzissten, die Oben sind, sind meist Psychopathen.
    Natürlich sind Leute, die ihre Visage in Kameras halten müssen, Narzissten, was sonst. Die haben nichts, sind leer und denken, so werden sie „gefüllt“.
    Ich hasse Narzissten und Psychopathen, die sind der Untergang der Zivilisation.

    Und sie sind so häßlich, dass deren Anblick unerträglich ist. Die Selbstgefälligkeit und Überheblichkeit, die die an den Tag legen, ist widerlich und nervig.

  9. @Lynnda: Zwei Anmerkungen.
    1. Irgendwo habe ich mal gelesen, dass Enttäuschung etwas Gutes ist – weil man eben ent-täuscht ist. Man hat sich getäuscht, nun sieht man klarer. Insofern: Sieh es positiv.
    2. Deine Einschätzung, dass der Artikel schlecht recherchiert ist, kann ich nicht teilen. Jeder der 10 Punkte basiert auf Studien, die ich ja auch verlinkt habe. Wie du sicher verstehst, muss ich mich aber in diesen Zehner-Listen auf einige Punkte konzentrieren – so auch hier. Dass du mit dieser Auswahl nicht einverstanden bist, kann ich leider auch nicht ändern.

  10. Enttäuschend oberflächlicher und flapsiger Artikel über eine ernst zunehmende Persönlichkeitsstörung, die vor allem Kinder solcher Eltern, aber auch Partner, mit tiefen Verwundungen hinterlässt. Entweder richtig recherchieren oder gar nicht. Es geht hier nicht um eine gesunde Selbstliebe, sondern um eine Störung, die die Betroffenen andere abwerten und rücksichtslos behandeln lässt, wobei das eigene Selbst übertrieben hoch bewertet wird – dies meist auf Grund von Minderwertigkeitsgefühlen und wegen fehlenden Urvertrauens. Es gibt einen Unterschied zwischen einem Menschen mit gutem Selbstbewusstsein, der es nicht nötig hat andere herab zu setzen, und Narzissmus. Setzen, 6!

  11. Nett, was da alles erforscht wird im Alltag. 😉

    „Narzissmus ist Gift für eine ernste Beziehung

    Zwar gingen Narzissten durchaus ernste Beziehungen ein. Allerdings beschränkten sie sich dabei meist darauf, diese eher spielerisch zu sehen – inklusive Bindungsängsten und Untreue.“

    Ich kenne bis zum heutigen Tag keine vernünftige Argumentation, die den Sinn von ausschließlich festen Bindungen und (monogamer) Treue in der heutigen Zeit offenbart, wer kennt so eine? 🙂 An der Stelle erwarte ich dann doch entweder anständige Argumente, wenn da schon von „Gift“ die Rede ist, oder aber mehr Toleranz, aber nicht einfach aus so einer festgefahrerenen Konventionalisten-Haltung heraus miese Stimmung gegen vermeintliche Übeltäter verbreiten. – Könnte ja auch gut sein, dass an solchen Stellen nur mal wieder das allzu einfach gestrickte und noch dazu ja sehr selbstsüchtige Motiv der Eifersucht regiert. 😉

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