Begrenzt kontaktfähig – Twitter-Studie bestätigt die Dunbar-Zahl

Auf meinem Twitter-Account folge ich derzeit 160 anderen Nutzern. Glaubt man einer neuen Studie, ist damit auch schon fast das Maximum erreicht – mehr als 200 Kontakte kann unser Gehirn nicht verarbeiten.

Anfang der Neunzigerjahre gab es weder Facebook noch Twitter. Damals untersuchte der britische Anthropologe Robin Dunbar den Zusammenhang zwischen dem Gehirn von Säugetieren und der Gruppengröße, in denen diese Säuger leben – und fand heraus: Das menschliche Gehirn kann nur eine begrenzte Zahl von Kontakten verarbeiten.

Demnach ergibt sich für den Menschen ein maximaler Bekanntenkreis von 100 bis 200 Personen. Der Anthropologe brachte seine Forschungsergebnisse sogar noch auf einen etwas einprägsameren Nenner: Bei etwa 150 Personen ende die Aufnahmefähigkeit – die so genannte Dunbar-Zahl. Sie gilt als das maximale soziale Universum jedes Individuums.

Nun könnte man einwenden, dass die Technik diese Grenze längst überwunden hat. Heute ist es so leicht wie nie, losen Kontakt zu einer schier unbegrenzten Anzahl von Menschen zu halten – und den bei Bedarf aufzufrischen. Theoretisch zumindest. Doch eine neue Studie kommt zu einem faszinierenden Ergebnis: Die Dunbar-Zahl gilt demnach auch im Internet. Genauer gesagt: beim Kurznachrichtendienst Twitter.

Bruno Gonçalves von der Indiana Universität durchforstete für seine Untersuchung mit einigen Kollegen sechs Monate lang den Nachrichtenfluss auf Twitter. Insgesamt 380 Millionen einzelner „Tweets“ von drei Millionen Nutzern werteten die Wissenschaftler aus. Dabei beschränkten sie sich jedoch nicht nur auf die einzelnen Statusupdates. Vielmehr versuchten sie nachzuvollziehen, wer mit wem in Kontakt stand, wer sich regelmäßig unterhielt und kommunizierte. Kurzum: wer welche Netzwerke hatte.

Wenig überraschend: Wer mit dem Twittern anfing, „folgte“ zunächst immer mehr Personen. Doch irgendwann stagnierte diese Zahl, bis sie sich irgendwann einpendelte. Jetzt raten Sie mal, wo dieser Sättigungspunkt lag. Genau: zwischen 100 and 200 Kontakten.

„Soziale Netzwerke erlauben uns, sämtlichen Bekanntschaften nachzugehen und mit ihnen zu interagieren“, resümiert Gonçalves, „und dennoch können sie nicht verhindern, dass unsere biologischen und physischen Grenzen nur eine begrenzte Anzahl sozialer Beziehungen erlauben.“

[via Technology Review]

22 Kommentare

  1. OK; dann ist die Aussage der Studie: Egal ob Realworld, Twitter oder Facebook: Ich habe maximal 100 bis 200 Kontakte. Völlig unabhängig davon, ob ich 400 oder 4000 Follower habe oder ob ich auf Twitter bin oder nicht.

    Gut, Studie verstanden, aber vom Ergebnis dann gelangweilt …

  2. @aloa5: Es geht doch auch gar nicht darum, dass jeder Follower ein persönlicher Kontakt ist – ebenso wenig wie jeder Bekannte ein Freund ist. Die Studie zeigt doch einfach „nur“, dass offenbar eine Parallele zwischen der Anzahl unserer Bekannten im wahren Leben und unseren (wie auch immer gearteten) Kontakten bei Twitter besteht.

  3. Nicht jeder Follower ist ein persönlicher Kontakt. Daher ist das ganze ein Vergleich von Äpfeln und Birnen.

    Twitter wird m.E. wie ein Fernseher oder ein Nachrichtenticker, eine Zeitung gehandhabt. Natürlich zählt Krugman nicht als „persönlicher Kontakt“ so wie er es nicht wäre wenn ich ein Artikel in einer Zeitung von ihm lese.

    Meine „Zeitung“ namens Twitter hat derzeit knapp 400 Kolumnenschreiber – nicht 400 persönliche Kontakte.

    Grüße
    ALOA

  4. @Isabell: Die Studie wäre in der Tat interessant – ich werde mal buddeln, ob es sowas nicht schon gibt.

  5. @egghat

    Da hört es mit der Informationsverarbeitung dann aber auch auf. Man verpasst mehr Wichtiges als man erfährt – eine Frage des Nutzens. Wenn Twitter anfängt zu nerven, sinkt der ganz rapide.

  6. @egghat: „Gehen“ tut alles – aber der Punkt ist doch: Kann man vernünftig Kontakt zu mehr als 200 Personen halten? Ich glaube nein.

  7. Natürlich gehen mehr als 150 Kontakte. Das ist halt wie auf einer Party. Da spricht auch nicht jeder mit jedem und man hört nicht alles und man antwortet nicht auf alles …

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