Warum Menschen ohne Selbstvertrauen Gehaltserhöhungen ablehnen

Es klingt zunächst absurd: Einer neuen Studie zufolge wechseln Menschen mit wenig Selbstbewusstsein eher den Job, wenn ihr Einkommen steigt. Warum?

Die US-Psychologen Daniel G. Schroeder, Robert Josephs und William Swann von der Universität von Texas untersuchten in einer Studie (.pdf), ob ein Zusammenhang besteht zwischen der Bezahlung eines Angestellten, seinem Selbstbewusstsein und seiner Bereitschaft, den Job zu wechseln.

Daher befragten sie zwischen 1993 und 1995 zunächst 7758 Studenten, ob sie viel oder wenig Selbstbewusstsein hatten. Im Anschluss werteten sie bis zum Jahr 1999 deren Beschäftigungsdaten aus.

Fazit: Nachdem die Teilnehmer 24 Monate gearbeitet hatten, konnten die Forscher einen Zusammenhang feststellen – und zwar einen, der auf den ersten Blick mindestens überrascht: Diejenigen mit wenig Selbstbewusstsein blieben ihrem Arbeitgeber eher treu, wenn sie keinerlei Gehaltserhöhungen erhielten. Mehr noch: Wurde ihr Gehalt erhöht, verließen sie die Firma eher. Bei den Teilnehmern, die über viel Selbstvertrauen verfügten, war es genau umgekehrt: Sie blieben eher, wenn ihr Gehalt stieg. Blieb es gleich, suchten sie das Weite.

Das Ergebnis wirkt zunächst paradox – denn es erscheint ja plausibler, dass man keinen Anlass für einen Jobwechsel sieht, wenn das Gehalt steigt. Dieser Gedanke lässt jedoch einen wichtigen Aspekt außer acht – die eigene Wahrnehmung.

Der US-Sozialpsychologe William Swann gilt als Entdecker der Selbstverifikationstheorie. Vereinfacht gesagt besagt diese: Menschen wollen ihr eigenes Selbstkonzept bestätigt sehen.

Swann fand das in verschiedenen Experimenten heraus. In einem sollten sich Ehepartner gegenseitig bewerten. Ergebnis: Jemand mit hohem Selbstbewusstsein fühlte sich seinem Partner dann näher, wenn er von ihm positiv bewertet wurde. Jemand mit niedrigem Selbstvertrauen fühlte sich dem Partner näher, wenn er negativ bewertet wurde. In einer anderen Studie fand Swann heraus: Wenn sich jemand mit wenig Selbstbewusstsein entscheiden muss, ob er von einer positiv gestimmten Person bewertet wird oder von einer negativ gestimmten, wählt er Letztere.

Diese Erkenntnis lässt sich offenbar auch auf die Berufswelt übertragen: Demnach ist unser Verlangen, von unserer Umwelt genau so behandelt zu werden, wie wir uns selbst sehen, sehr mächtig – und zwar so sehr, dass wir dafür sogar auf mehr Gehalt verzichten.

[Danke für den Hinweis an Patrick Bernau]

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