Pssst … – Warum Geheimnisse faszinieren

Geheimnisse faszinieren. Eine neue Studie resümiert: Es reicht bisweilen sogar schon, eine Information als geheim anzupreisen – und schon finden Menschen sie interessanter und glaubwürdiger. 

Seit einigen Wochen dominiert der Whistleblower Edward Snowden die Schlagzeilen. Immer neue Details werden bekannt, wie die Geheimdienste weltweit Daten abfangen, abhören und auswerten. Das genaue Ausmaß der Spitzeleien ist zwar noch unbekannt. Doch fest steht: Was der Mensch nicht genau weiß, macht ihn erst recht heiß.

Egal ob der Watergate-Skandal, die Iran-Contra-Affäre, die Veröffentlichungen von WikiLeaks oder die jüngsten Enthüllungen des ehemaligen NSA-Mitarbeiters Snowden: Geheimnisse faszinieren – erst recht dann, wenn sie öffentlich werden. Doch mehr noch: Es reicht bisweilen schon, eine Information als geheim anzupreisen – und schon finden Menschen sie interessanter und glaubwürdiger.

So lautet zumindest das Resultat einer neuen Studie von Sozialpsychologen um Leaf Van Boven von der Universität von Colorado in Boulder. Sie konfrontierten Hunderte von Freiwilligen in drei Experimenten mit verschiedenen Szenarien. In einem Versuch sollten sich 97 Probanden vorstellen, sie wären Berater des amerikanischen Außenministeriums. Nun erhielten sie Informationen über vier ausländische Politiker, die sich in ihren Ländern zur Wahl stellten. Nach der Lektüre sollten sie entscheiden, ob sie den jeweiligen Kandidaten dem Außenministerium empfehlen würden oder nicht.

Allerdings erhielten sie unterschiedliche Informationen. Mal kam der Politiker darin gut weg, mal nicht. Mal waren die Informationen als geheim deklariert, mal als öffentlich. Und siehe da: Das wirkte sich erheblich auf die Meinungsbildung aus. Die Freiwilligen unterstützten häufiger jene Kandidaten, bei denen die Angaben nicht nur positiv, sondern vor allem geheim waren.

Dasselbe Resultat erhielt Van Boven im nächsten Experiment. Darin konfrontierte er 56 Freiwillige mit zwei Berichten, die den Verkauf von Militärflugzeugen von Weißrussland an Peru in den Neunzigerjahren thematisierten. Der eine Bericht unterstützte das Geschäft, der andere lehnte es ab. Wieder beeinflusste die Geheimniskrämerei die Meinung der Probanden. Galten die Dokumente als geheim, beeindruckten sie die Freiwilligen stärker – und fanden häufiger Zustimmung.

Leaf Van Boven erklärt sich die Ergebnisse mit einer Art Denkfehler, die er als secrecy heuristic bezeichnet. Demnach neigen Menschen häufig dazu, sich von Geheimnissen manipulieren zu lassen. Nach dem Motto: Wenn die Information als geheim gilt, dann muss sie irre wertvoll sein – egal ob das stimmt oder nicht. Aber warum?

Zum einen sind geheime Informationen manchmal wirklich qualitativ besser als öffentliche – sonst wären sie logischerweise nicht geheim. Zum anderen weiß jeder aus eigener Erfahrung, wie schwer es ist, Geheimnisse komplett für sich zu behalten und nicht weiterzutratschen. Der Wert von Informationen ergibt sich demnach auch aus der Verschwiegenheit.

Quelle:
Mark Travers, Leaf Van Boven und Charles Judd (2013). The Secrecy Heuristic: Inferring Quality from Secrecy in Foreign Policy Contexts. Political Psychology

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