10 psychologische Fakten über die Stimme

„Die Stimme eines Menschen ist sein zweites Gesicht“, lautet ein schönes Kalendersprüchlein. Wie wahr das ist, beweisen diese zehn psychologischen Erkenntnisse zur menschlichen Stimme.

Unsere Stimme offenbart unser Sexualleben: Keine Frage, Stimmen können sexy sein. Glaubt man einer Studie (.pdf) des US-Psychologen Gordon Gallup von der Universität Albany, verrät unsere Stimme sogar etwas über unser Sexualleben. Für sein Experiment im Jahr 2004 hörten 150 Frauen und Männer die Stimmen von Fremden, die den Wissenschaftlern zuvor Angaben über ihr Sexualleben gemacht hatten. Danach sollten die Probanden auf einer Skala von 0 bis 5 Punkte die Attraktivität der Stimmen bewerten. Ergebnis: Teilnehmer, deren Stimme beim anderen Geschlecht gut ankam, hatten mehr sexuelle Kontakte.

Die Stimme einer Frau klingt in der fruchtbaren Phase am attraktivsten: Und nochmal Gordon Gallup. In einer Studie im Jahr 2008 ließ er Frauen in unterschiedlichen Phasen ihres Zyklus von 1 bis 10 zählen, was er auf Tonband aufzeichnete. Nun sollten männliche und weibliche Studenten die Attraktivität der Stimmen bewerten. Unabhängig vom Geschlecht der Studenten zeigte sich: Am attraktivsten klangen die Frauen, wenn sie sich in der fruchtbarsten Phase befanden.

Die Stimme verrät die Körpergröße: Sarah Collins von der niederländischen Uni Leiden ließ für eine Studie im Jahr 2000 34 Männer verschiedene Vokale laut aufsagen. Die Tonbänder spielte sie verschiedenen Frauen vor, die nur durch das Anhören verschiedene Charakteristika der Männer einschätzen sollten: ihre Attraktivität, ihr Alter, Gewicht und Größe. Wenig überraschend: Männer mit tiefer Stimme wurden als attraktiver bewertet. Sogar das Gewicht konnten die Frauen nur durch die Stimme einigermaßen zuverlässig einschätzen.

Die Stimme offenbart körperliche Kraft: Ein Handschlag verrät häufig etwas über die Kraft seines Besitzers – selbiges gilt für die Stimme, meint Aaron Sell von der Universität von Kalifornien in Santa Barbara. Für eine Studie (.pdf) in diesem Jahr zeichneten Sell und seine Kollegen die Stimmen verschiedener Personen weltweit auf – außer in Kalifornien noch in Rumänien, Bolivien und Argentinien. Außerdem bestimmten sie die Stärke des Handgriffs, den Bizepsumfang und weitere Indikatoren für die Oberkörperkraft. Nun spielten sie die Stimmen Studenten vor, die daraufhin Kraft, Körpergröße und Körpermasse auf einer Skala von 1 bis 7 schätzen sollten – was ihnen allein durch das Hören der Stimme recht zuverlässig gelang.

Wir flirten mit der Stimme: Zum anständigen Flirten gehört Augenkontakt – doch die Rolle der Stimme sollte man nicht unterschätzen. Offenbar ist es ein natürlicher Reflex, beim Baggern die Stimme zu senken, resümierte Susan Hughes vom amerikanischen Albright College in einer aktuellen Studie. 48 Studenten sollten vorgefertigte Nachrichten auf dem Anrufbeantworter anderer Personen hinterlassen, während sie ein Foto dieser Person sahen. Sowohl Männer als auch Frauen reagierten gleich: War der Besitzer des Anrufbeantworters attraktiv, sprachen sie automatisch mit tieferer Stimme.

Unser Selbstbild entscheidet über die Wahrnehmung einer Stimme: Dass Männer mit tiefer, maskuliner Stimme als dominanter empfunden werden, erscheint plausibel. Überraschender ist das Resultat einer Studie (.pdf) von Sarah Wolff und David Puts von der Pennsylvania State Universität. Sie wollten in diesem Jahr herausfinden, ob und wie Männer ihre eigene Dominanz einschätzen, nachdem sie die Stimme eines Rivalen gehört hatten. Zunächst sollten die Teilnehmer aufgezeichnete Stimmen bewerten, darunter sowohl hohe als auch tiefe. Nun wurden sie gefragt, wie sie ihre eigene physische Dominanz im Vergleich zu der gehörten Stimme einschätzten. Resultat: Je höher Männer ihre eigene Dominanz einschätzten, umso weniger dominant schätzten sie andere Männer ein.

Mamas Stimme beruhigt unsere Nerven: Wenn Sie das nächste Mal Stress haben, greifen Sie zum Telefon – und rufen Sie Ihre Mutter an. Klingt vielleicht komisch, hilft aber. Das zumindest resümierten Wissenschaftler um Leslie Seltzer von der Universität von Wisconsin-Madison in diesem Jahr. 61 Mädchen im Alter von sieben bis zwölf Jahren sollten in einem Experiment (.pdf) vor fremdem Publikum sprechen und Rechenaufgaben lösen. Im Anschluss bekamen sie entweder eine Umarmung ihrer Mutter, wurden von ihr angerufen oder sahen einen Film. Seltzer und Kollegen untersuchten vorher und nachher die Höhe des Stresshormons Cortisol und des Hormons Oxytozin, das Stress abbaut. Und siehe da: Allein die Stimme der Mutter sorgte für mehr Oxytozin.

Mamas Stimme ist der beste Wecker: Und noch was zum Thema Mütter. Wissenschaftler um Gary Smith von der Ohio State Universität wollten in einer Studie im Jahr 2006 wissen, was Kinder am besten aufweckt – der Wecker oder die Stimme ihrer Mutter. 24 Kinder im Alter zwischen 6 und 12 legten sich schlafen und wurden dann geweckt. Ertönte die Stimme ihrer Mutter auf Band, standen 24 der Kinder sofort auf – nach durchschnittlich 20 Sekunden. Hörten sie den Wecker, kletterten nur 14 Kinder aus dem Bett – nach immerhin 180 Sekunden.

Computerstimmen können menschlich wirken: Wer weiß, vielleicht können wir eines Tages mit unseren Computern kommunizieren. Schon heute jedenfalls schreiben wir Computerstimmen menschliche Merkmale zu, wie Clifford Nass und Kwan Min Lee in einer Studie (.pdf) im Jahr 2001 herausfanden. In einem Experiment lauschten 72 Versuchsteilnehmer künstlichen Stimmen, die ihnen Rezensionen von Büchern vorlasen. Danach sollten sie die Computerstimme Charaktereigenschaften geben – obwohl sie wussten, dass es sich um eine künstliche Stimme handelte. Interessant: Extrovertierte Teilnehmer vertrauten eher extrovertierten Stimmen, introvertierte glaubten introvertierten.

Babys erkennen Gefühle in der Stimme: Kleinkinder sind ja selten gut zu verstehen. Umso überraschender ist eine aktuelle Studie von Tobias Grossmann vom Leipziger Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften. Gemeinsam mit Kollegen fand er heraus: Schon im Alter von sieben Monaten können Babys menschliche Stimmen und deren Emotionen erkennen. Die Wissenschaftler spielten Kleinkindern zwischen vier und sieben Monaten Töne von menschlichen Stimmen und andere Geräusche vor, währenddessen maßen sie mit einer kindgerechten Methode deren Gehirnaktivität. Nur bei den sieben Monate alten Kindern zeigten sich deutliche Unterschiede zwischen der Aktivität beim Hören der Stimmen und dem Hören anderer Geräusche. In einem zweiten Experiment spielten die Forscher den siebenmonatigen Kindern Stimmen mit einer neutralen, einer glücklichen und einer wütenden Betonung vor. Verblüffend: Auf die emotionalen Satzmelodien reagierten die Hirnregionen deutlich anders als auf die neutrale Stimme.

11 Kommentare

Hinterlasse einen Kommentar.

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert