10 psychologische Fakten über Stress

„Es gibt Wichtigeres im Leben, als beständig dessen Geschwindigkeit zu erhöhen“, sagte einst Mahatma Gandhi. Wie wahr – ebenso wie diese zehn psychologischen Fakten über Stress.

1. Singles sind gestresster: Haben Sie öfter mal Ärger mit Ihrem Partner oder Ihrer Partnerin? Dann hat Dario Maestripieri von der Universität von Chicago aufmunternde Nachrichten für Sie: Menschen in einer festen Beziehung sind generell weit weniger gestresst als Singles. Für seine Studie (.pdf) absolvierten 501 Studenten verschiedene Computerspiele. Vorher und nachher sammelte Maestripieri mit seinem Team Speichelproben der Teilnehmer. Allen wurde gesagt, der Test sei Pflicht und hätte einen Einfluss auf ein wichtiges Praktikum im Verlauf ihres Studiums – dadurch wollte Maestripieri den Stresspegel der Probanden nach oben treiben. Doch das Ergebnis überraschte: Sowohl Männer als auch Frauen, die keine feste Beziehung hatten, reagierten wesentlich gestresster als jene mit fester Partnerschaft.

2. Stress beeinflusst die Partnerwahl: Aus evolutionärer Sicht wählen wir meist einen Partner, der uns relativ ähnlich sieht – es sei denn, wir sind unter Stress. Johanna Lass-Hennemann von der Universität Trier ließ kürzlich in einer Studie 50 Männer die Fotos von nackten Frauen nach Attraktivität bewerten. Die Frauen sahen entweder ihnen ähnlich oder einem der anderen Versuchsteilnehmer. Die Hälfte der Männer musste vor der Untersuchung eine Hand drei Minuten lang in eiskaltes Wasser halten – was nachweislich die Herzfrequenz, den Blutdruck und das Stresshormon Cortisol nach oben treibt. Fazit: Unter Stress bewerteten Männer jene Frauen als signifikant attraktiver, die ihnen nicht ähnlich sahen. Wer vorher nicht unter Stress gesetzt wurde, fand hingegen Frauen mit ähnlichen Gesichtszügen anziehender. Lass-Hennemann erklärt sich das Ergebnis mit dem Einfluss des Cortisols – unter Stress sei es von Vorteil, Partner mit anderen Veranlagungen zu bevorzugen.

3. Frauen reagieren sensibler auf Stress: Normalerweise berichte ich hier nicht über Tierstudien – aber diesmal mache ich eine Ausnahme. Denn Wissenschaftler um Rita Valentino vom Children’s Hospital in Philadelphia haben in einer Untersuchung (.pdf) in diesem Jahr eine Erklärung dafür gefunden, warum Frauen anders auf Stress reagieren als Männer. Valentino und ihre Kollegen setzten männliche und weibliche Ratten unter Stress, indem sie die Tiere schwimmen ließen. Vorher und nachher untersuchten sie, wie die Gehirne der Tiere mit der Situation umgingen. Vereinfacht gesagt reagierte das weibliche Gehirn sensibler auf die Ausschüttung von Stresshormonen. Außerdem setzte bei männlichen Ratten schneller ein Gewöhnungseffekt ein – wodurch die Stressreaktion deutlich schwächer ausfiel.

4. Stress stört nicht bei einer künstlichen Befruchtung: Man sollte meinen, dass Stress und Hektik eine künstliche Befruchtung beeinträchtigen können. Weit gefehlt, meint Lisbeth Anderheim von der Uni Göteborg. Für ihre Studie (.pdf) befragte sie im Jahr 2005 139 Frauen vor und während einer Unfruchtbarkeitsbehandlung. Ergebnis: Die psychische Stabilität hatte keinen nachweisbaren Einfluss auf die Chancen, schwanger zu werden.

5. Stress senkt die Solidarität: Der bekannte Ökonom Bruno Frey von der Universität Zürich interessierte sich in seiner Studie (.pdf) von März 2010 für eine Frage: Wie verhalten wir uns, wenn es um Leben und Tod geht? Daher analysierte er sowohl den Untergang der „Titanic“ im Jahr 1912 als auch den Niedergang der RMS Lusitania, die 1915 von einem deutschen U-Boot torpediert wurde. Frey rekonstruierte Geschlecht, Alter und Nationalität der Passagiere sowie den Preis, den sie für die Fahrt gezahlt hatten. Ergebnis: Während auf der Titanic Erste-Klasse-Passagiere während der Evakuierung bevorzugt behandelt wurden, spielten solche Standesunterschiede auf der Lusitania keine Rolle: Hier setzen sich generell die kräftigen 16- bis 35-Jährigen durch. Frey geht davon aus, dass die Situation auf der Lusitania vor allem der Hektik geschuldet war: Während die Titanic erst nach knapp drei Stunden sank, ging die Lusitania schon 18 Minuten nach dem Einschlag des Torpedos unter. In solchen Gefahrensituationen veranlasst das Gehirn demnach die Freisetzung von Adrenalin. Mit anderen Worten: Der Instinkt siegt und eliminiert sämtliche Solidarität.

6. Akademiker bringen Stress eher nach Hause: Das entdeckte der Soziologe Scott Schieman von der Universität von Toronto in einer Studie im Dezember 2009. Für seine Untersuchung analysierte er eine Umfrage unter 1800 Arbeitnehmern. Ergebnis: Sowohl Akademiker als auch Fachkräfte berichten mehr als alle anderen Berufgruppen, dass ihre Arbeit auch noch ihr Privatleben beeinträchtigt. Schuld daran seien vor allem zwischenmenschliche Konflikte am Arbeitsplatz und Sorge um den Job.

7. Stress am Arbeitsplatz führt zu mehr Unfällen und Krankheiten: Dass ein schlechtes Arbeitsklima nicht gerade gut für die Produktivität der Angestellten ist, kann man sich irgendwie denken. Einen Nachweis lieferten auch Tahira Probst und Ty Brubaker von der Washington State Universität im Jahr 2001. Für ihre Untersuchung (.pdf) beobachteten die Wissenschaftler 237 Arbeiter in zwei Werken eines großen Nahrungsmittelkonzerns. Der hatte organisatorische Änderungen vorgenommen, so dass die Angestellten um ihre Arbeitsplätze bangten – mit dem Resultat, dass sie Sicherheitsbestimmungen kaum mehr einhielten und dadurch die Gefahr eines Arbeitsunfalls erhöhten. In einer anderen Studie (.pdf) befragten Susan Ettner von der Universität von Kalifornien und Joseph Grzywacz von der Universität von Northern Iowa 2048 Arbeiter. Wenig überraschend: Ständiger Arbeitsstress und -druck, Überstunden und Schichtdienst wirkten sich negativ auf die körperliche und geistige Gesundheit aus.

8. Stress senkt den Zigarettenkonsum: Ja, richtig gelesen – zu diesem überraschenden Ergebnis kam ein Forscherteam um Anna Schmidt von der Universität Köln vor einigen Monaten in einer Studie (.pdf ). Die Wissenschafter befragten 197 Raucher. Und siehe da: Je höher die berufliche Belastung, desto weniger Zigaretten rauchten sie. Ein möglicher Grund: Sie hatten während der Arbeit schlicht keine Zeit für gemütliche Raucherpausen.

9. Kaugummikauen senkt den Stress…: Andrew Smith von der Cardiff Universität sprach für seine Studie (.pdf) von Juli 2009 mit über 2000 Angestellte. Sein Fazit: 39 Prozent der Befragten, die niemals Kaugummi kauten, hatten doppelt so oft Arbeitsstress wie jene, die regelmäßig Kaugummi kauten. Diese Schlussfolgerung konnte Smith auch dann aufrecht erhalten, als er Faktoren wie Bildung oder Gehalt ausblendete. Offenbar hat der Kaumechanismus einen positiven Einfluss auf das autonome Nervensystem.

10. …ebenso wie Mamas Stimme: Leslie Seltzer von der Universität von Wisconsin-Madison ließ für ihr Experiment (.pdf) in diesem Jahr 61 Mädchen im Alter von sieben bis zwölf Jahren vor fremdem Publikum sprechen und Rechenaufgaben lösen. Im Anschluss bekamen sie entweder eine Umarmung ihrer Mutter, wurden von ihr angerufen oder sahen einen Film. Seltzer untersuchte vorher und nachher die Höhe des Stresshormons Cortisol und des Hormons Oxytozin, das Stress abbaut. Und siehe da: Allein die Stimme der Mutter sorgte für mehr Oxytozin.

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